Kassel - Als Staatsanwalt Matthias Grund am Donnerstag am Kasseler Amtsgericht sein Plädoyer beginnt, redet er nicht nur über den Angeklagten, sondern auch über den Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke. Der Beschuldigte habe »ein bisschen Pech gehabt, nämlich, dass an seinem Arbeitsplatz direkt neben ihm Stephan Ernst arbeitete«. Elf Waffen kaufte der 50-Jährige aus Fuldabrück von dem Kasseler Rechtsextremisten, wie er zugab. Wegen unerlaubten Waffenbesitzes wurde der Mann gestern zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt. Zudem muss er 2000 Euro zahlen.
Das Leben des 50-Jährigen hat sich seit der Verhaftung von Ernst grundlegend verändert. In einer ersten Vernehmung hatte der Lübcke-Mörder nämlich ausgesagt, zwei Arbeitskollegen Waffen verkauft zu haben. Daraufhin durchsuchten Ermittler das Haus des 50-Jährigen, das ein Beamter gestern als »messiehaft« beschrieb.
Schon damals war der Beschuldigte geständig. Er brachte den Polizisten sogar Waffen aufs Revier, die sie im Durcheinander nicht gefunden hatten. Mit Ernst hatte er sich oft über Utensilien aus dem Zweiten Weltkrieg unterhalten. Staatsanwalt Grund bescheinigte ihm eine »Sammelsucht«.
Waffen freiwillig abgegeben
Vor einem Jahr hatte der Mann als Zeuge im Lübcke-Prozess ausgesagt. Damals ging es auch um die Frage, ob er Schmiere stand, als Ernst die Tatwaffe auf dem Gelände des gemeinsamen Arbeitgebers vergrub, wie der Lübcke-Mörder ausgesagt hatte. Sein Ex-Kollege stritt dies ab. Gestern war all das kein Thema. Der Angeklagte fand es nur »schön«, Pistolen und Gewehre zu besitzen, wie er sagte. Geschossen haben will er nur ein einziges Mal - in der Pause einer Nachtschicht mit Ernst.
Richterin Focke konnte »keinerlei Bezug zu terroristischen oder rechten Netzwerken« erkennen. Der Angeklagte beteuerte, das Sammeln der Waffen sei eine Dummheit gewesen, die er sich nicht erklären könne. Die Waffen sollen vernichtet werden. So will er abschließen mit dem Kapitel Stephan Ernst. MATTHIAS LOHR, HNA