Wiesbaden - Was haben Feuersalamander, Hirschkäfer und der Luchs gemeinsam? Sie zählen in Hessen zu den Arten der »Citizen Science«. Das heißt übersetzt »Bürgerwissenschaften« und bedeutet, dass Forscher bei ihrer Arbeit die Öffentlichkeit um Mithilfe bitten. Konkret geht es darum, zu melden, wenn man ein bestimmtes Tier gesehen hat. »Das hilft uns oft sehr weiter«, sagt der Biologe Andreas Opitz vom Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) in Wiesbaden.
Ein gutes Beispiel sei der stark gefährdete Hirschkäfer. »Er ist mit vier bis sechs Wochen nur eine kurze Zeit im Jahr aktiv unterwegs«, berichtet Opitz. Es wäre den Forschern kaum möglich, in der kurzen Zeitspanne ganz Hessen abzusuchen. »Daher brauchen wir Meldungen von Laien.« Bei so einem typischen Tier wie dem Hirschkäfer gebe es zudem kaum Verwechslungen.
Oft bekommen die Wissenschaftler Fotos oder Videos von Tiersichtungen geschickt und können anhand der Bilder überprüfen, ob es sich um die gesuchte Art handelt. Aber auch ein »ich habe etwas gesehen« kann ein guter Hinweis sein, um in der Region gezielt zu suchen, erläutert der Biologe. Verlässliche Informationen zum Vorkommen von Arten sind die Grundlagen für deren Schutz. Das gilt auch für den Feuersalamander - ebenfalls ein Tier mit geringer Verwechslungsgefahr. Bei dieser Amphibienart geht es den Forschern zusätzlich darum, die Ausbreitung eines gefährlichen Hautpilzes einzudämmen. Neben gesunden und lebendigen Feuersalamandern sollen auch kranke oder tote Tiere gemeldet werden.
Wer glaubt, einen Luchs gesehen zu haben, kann sich an die Experten von »Hessenluchs« wenden. »Diese Meldungen sind sehr wichtig für uns«, sagt Luchsbeauftragter Gerd Bauer. »Sie geben in der Regel einen ersten Hinweis auf das Vorkommen eines noch nicht bekannten Luchses.« Zufallsaufnahmen gelängen eher selten. Eine Ausnahme sind Jungtiere, die es vor ein paar Jahren in Nordhessen gab, wie Bauer berichtet. Mountainbiker hätten die kleinen Luchse gesehen - und auch fotografieren können.
Biologen der Universität Gießen und der Frankfurter Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung beteiligen sich an der »Spurensuche Gartenschläfer«. Bei dem deutschlandweiten Projekt wollen die Experten mehr über die Verbreitung des kleinen Nagers erfahren und ein Schutzkonzept entwickeln. Weitere »Mitmach«-Arten in Hessen sind etwa die Wildkatze, die Weinbergschnecke, die Gottesanbeterin oder der Fischotter. Auf dem Meldeportal sollte unter anderem das Funddatum und der genaue Fundort eingetragen werden. Außerdem kann der Beobachter Fotos anhängen.
Das besondere Augenmerk der Wissenschaftler gilt den invasiven Arten, die nicht ursprünglich in Hessen heimisch sind. Per Gesetz sind die Länder dazu verpflichtet, der EU-Kommission regelmäßig über die Verbreitung bestimmter invasiver Arten zu berichten. Wichtige Daten dafür stammen aus dem öffentlichen Meldeportal, wo beispielsweise Sichtungen von Waschbären, Bisamratten oder Nilgänsen gesammelt werden.
Gemeinsam mit Biologen der Universität Marburg ruft das HLNUG etwa dazu auf, die Asiatische Hornisse zu melden, die sich derzeit in Deutschland ausbreitet. Hier ist die Bestimmung schon schwieriger, wie der Biologe Opitz zu Bedenken gibt. Das Insekt könnte beispielsweise mit der Europäischen Hornisse verwechselt werden. Andere Arten von der EU-weiten Liste der invasiven Arten könnten wohl ausschließlich von Experten identifiziert werden.
Neben Tieren werden in Hessen aber auch Pflanzen gesucht - unter anderem der invasive Riesenbärenklau oder der Drüsige Götterbaum. Bei einer bundesweiten Aktion ruft die Deutsche Gesellschaft für Mykologie bis zum Jahresende dazu auf, Fliegenpilze zu melden. Motto der Aktion: »Finde deinen Glückspilz!« dpa