Wiesbaden - Hessens Landesregierung plant, im neuen Schuljahr landesweit und in allen Schulformen im täglichen Präsenzunterricht zu beginnen. »Dazu bietet das aktuelle Infektionsgeschehen allen Anlass«, erklärte Kultusminister Alexander Lorz (CDU) gestern in seiner Regierungserklärung im Hessischen Landtag in Wiesbaden. Es solle ein regulärer Schulbetrieb ohne weitere Einschränkungen bei Schulfächern und Unterrichtsstunden unabhängig vom Impfstatus der Kinder und Jugendlichen ermöglicht werden, »selbstverständlich unter Beachtung der je nach Infektionsgeschehen geltenden Infektionsschutz- und Hygienemaßnahmen«, erläuterte Lorz.
»Hitzefrei«-Regeln
Der Kultusminister kündigte überdies an, sich für die Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen im Freien einsetzen zu wollen. Nach seiner Überzeugung sei dieser Schritt riskierbar. »Daher werde ich mich dafür einsetzen, dass wir diesen Schritt bei der nächsten Anpassung der Corona-Regeln auf Landesebene gehen.« Er werde dem Kabinett einen entsprechenden Vorschlag machen und gehe davon aus, dass dieser in der nächsten Sitzung beschlossen wird.
Zuvor hatte Lorz bereits bekannt gegeben, dass er es angesichts der bevorstehenden Hitzewelle für vertretbar halte, wenn Schülerinnen und Schüler in den kommenden Wochen an besonders heißen Tagen auf dem Schulhof keine Maske tragen müssen. Die konkrete Entscheidung, wann an heißen Tagen draußen auf die Maske verzichtet werden darf, trifft demnach die Schulleiterin oder der Schulleiter vor Ort unter Berücksichtigung der bekannten »Hitzefrei«-Regelungen.
Wieder Aktivitäten
Inwieweit die Maskenpflicht im Unterricht bestehen bleibt, werde sich zeigen, erläuterte Lorz. Auch wenn er sich den Verzicht auf diese Maßnahmen lieber früher als später wünschen würde, mahnte er zu Besonnenheit. »Erst seit fünf Tagen sind hessenweit wieder alle Schulen im Regelbetrieb. Diese Errungenschaft dürfen wir nicht voreilig riskieren«, betonte er. Schulische wie außerschulische Aktivitäten, die das »soziale Miteinander« förderten, sollten mit dem neuen Schuljahr wieder aufgenommen werden, sagte Lorz laut »Hessenschau«.
Jahr des Aufholens
Das kommende Schuljahr werde ein »Jahr des Aufholens«, prognostizierte Lorz nach Angaben des Hessischen Rundfunks. Der Bund stelle allein für diesen Zweck rund eine Milliarde Euro zur Verfügung - davon stünden Hessen 75 Millionen Euro zu. Zusammen mit den Landesmitteln in gleicher Höhe würden somit rund 150 Millionen Euro für den Abbau von pandemiebedingten Lernrückständen ausgegeben. Zudem stünden nach wie vor 30 Millionen Euro aus Landesmitteln für bauliche Maßnahmen an Schulen zur Verfügung. Diese könnten beispielsweise für Abluftfilter oder mobile Luftreinigungsgeräte genutzt werden.
Hessens Landtagsopposition fordert von der Landesregierung mehr Unterstützung der Schulen und Schüler bei der Bewältigung der Folgen der Corona-Krise. »Die Pandemie hat uns vor Augen geführt, wie unterschiedlich die Lehr- und Lernbedingungen in Hessen sind«, kritisierte der SPD-Schulexperte Christoph Degen im Landtag. »Die Schulen müssen modernisiert werden.«. Auch die bildungspolitischen Sprecher der Linke-, FDP- und AfD-Fraktion kritisierten Versäumnisse.
Lorz hatte zuvor ein Maßnahmenpaket zur fachlichen und psychosozialen Unterstützung von Schülern nach der Zeit des Distanzunterrichts angekündigt. Unter anderem plant er eine Fortbildungsreihe zusammen mit der Psychotherapeutenkammer Hessen für die Lehrkräfte. Der Opposition wie etwa der Bildungsexpertin der Linke-Fraktion, Elisabeth Kula, geht das nicht weit genug und kommt ihrer Meinung nach zu spät. dpa