Mit Blick auf große psychische Belastungen in der Corona-Pandemie haben Oppositionsvertreter im hessischen Landtag eine bessere ärztliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen gefordert. Die SPD-Gesundheitsexpertin Daniela Sommer rief die Landesregierung dazu auf, mehr für die Versorgung junger Patienten zu tun und Engpässe zu beseitigen.
»Bettensperrungen, Personalmangel und Verlegungen weisen auf ernsthafte Probleme hin«, sagte sie. In Hessen könne die flächendeckende Versorgung von schwer erkrankten oder verletzten Kindern nicht mehr sicher gewährleistet werden. »Nicht nur auf den Kinderstationen der Kliniken gibt es Probleme, auch der Kinderarztmangel verschärft sich«, warnte Sommer. »Besorgniserregend ist, dass bis 2025 etwa ein Viertel der Praxen wegfallen wird, weil Ärzte in den Ruhestand gehen und keine Nachfolge finden.«
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion warnte davor, dass chronische Erkrankungen zu spät oder gar nicht erkannt würden. »Gerade in der Corona-Pandemie, die erhebliche psychische Belastungen mit sich bringt, benötigen wir noch einmal mehr Unterstützung und Versorgungsmöglichkeiten.«
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Yanki Pürsün, kritisierte: »Die Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche in Hessen ist derzeit vielerorts leider nicht ausreichend - das gilt für die ambulante wie für die stationäre Versorgung.« Zudem berücksichtigten die Abrechnungssysteme nicht ausreichend, dass Kinder eine andere Art der Versorgung benötigten. Sozialminister Kai Klose (Grüne) hielt dagegen, es bestehe kein Anlass, einen landesweiten Versorgungsengpass herbeizureden, der so nicht bestehe. »Die stationäre und ambulante Versorgung für Kinder und Jugendliche in Hessen ist insgesamt gut«, sagte er.
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatte diese Woche gewarnt, es gebe »psychiatrische Erkrankungen in einem Ausmaß, wie wir es noch nie erlebt haben«. Experten berichteten davon, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrien wegen der Corona-Pandemie ihre Belastungsgrenze erreicht hätten.
Neben den psychischen Belastungen seien Kinder und Jugendliche in der Corona-Pandemie womöglich auch stärker der Gefahr ausgesetzt, Opfer häuslicher Gewalt zu werden, mahnte die sozial- und familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Lisa Gnadl. »Es vermehren sich die Anzeichen, dass das Problem von Gewalt gegen Kinder und Jugendliche in Pandemiezeiten vor allem im häuslichen Umfeld stark angestiegen ist«, sagte sie. Fachberatungsstellen hätten ihr berichtet, dass die Anfragen deutlich in die Höhe gegangen und viele schwierige Fälle darunter seien, berichtete Gnadl. Die SPD-Politikerin forderte von der Landesregierung eine langfristige finanzielle Unterstützung der Beratungsstellen.
Auch der Ausbau der Schienenstrecken in Hessen beschäftigte gestern den Landtag. Aus Sicht der Landtagsopposition geht es hier nicht schnell genug voran. 107 Eisenbahnstrecken seien landesweit seit 1960 stillgelegt worden, während seitdem überall neue Straßen entstanden seien, sagte die Vorsitzende der Linksfraktion, Janine Wissler, im Parlament. »Wenn wir ernst machen wollen mit der Verkehrswende und dem Klimaschutz, dann muss die Schiene in Hessen wieder massiv ausgebaut werden.«
Dazu können laut Wissler der Ausbau von Main-Weser- oder Nordmainischer Bahn beitragen. Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Stefan Naas, forderte mehr Tempo auch bei der Reaktivierung der Horlofftalbahn von Wölfersheim nach Hungen sowie der Lumdatalbahn von Lollar nach Londorf. »Diese Projekte sind lange geplant und kommen spät.«
Hessens Sozialminister Kai Klose (Grüne) hat unterdessen gestern im Landtag der Forderung der FDP-Fraktion nach einer Lockerung der Regeln für die Sonntagsöffnung im Einzelhandel eine Absage erteilt. Der Sonntagsschutz genieße hohen Verfassungsrang, betonte der Minister. Der Gesetzentwurf der Liberalen sah vor, dass bis Juni 2022 Geschäfte an vier Sonntagen öffnen können, darunter auch an zwei Adventssonntagen.