- Eine Premiere ohne Publikum - das gab es bei den Bad Vilbeler Burgfestspielen noch nie. Doch in diesem Jahr, im Mai und Juni, wird das die Realität sein. Nach der Absage der Festspiele 2020 wurde der damalige Spielplan auf die aktuelle Saison übertragen. Komplett zu halten war dieser nicht: Die Oper »Hoffmanns Erzählungen« wurde aus dem Spielplan genommen. Die Oper wäre mit den Abstandsregeln nicht zu realisieren gewesen. Außerdem wurde das Musical »Hairspray« ersetzt: Jetzt steht »Sister Act« auf dem Plan. Bleiben wird die Revue »Comedian Harmonists«, das Stück »Was ihr wollt« von Shakespeare und die Komödie »Der nackte Wahnsinn«. Für Familien und Kinder werden »Die unendliche Geschichte« und »Das Dschungelbuch« gezeigt. Aufführungen im Theaterkeller wird es nicht geben.
Alle Beteiligten sind trotzdem zuversichtlich und haben sich viel überlegt, um wieder Kultur »in das Herz Bad Vilbels« bringen zu können. Alles Verbunden mit vielen Unsicherheiten, aber umso größeren Hoffnungen. Das ist kürzlich deutlich geworden, als das Team um Intendant Claus-Günther Kunzmann das neue Konzept für den Spielplan 2021 vorstellte. »Ja, wir wollen spielen«, sagt Bürgermeister Thomas Stöhr (CDU). Die große Tribüne steht, die Burg wird spielbereit gemacht, seit Kurzem wird geprobt. »Die Freude bei den Schauspielern ist groß, dass sie arbeiten dürfen. Die größere Hoffnung ist, dass sie vor Publikum spielen können«, erläutert Kunzmann.
Noch viele Fragezeichen
Das wird so bald noch nicht der Fall sein. Klar ist: Alle Premieren stehen, sie werden gespielt, aber im Mai und Juni vorerst nicht öffentlich, das heißt, ohne Publikum. Kunzmann hofft, sollte sich die Lage in der Pandemie bessern und mehr Publikum in der Burg zugelassen sein, dass im Juli vor größerem Publikum gespielt werden darf. »Es sind viele Fragezeichen und wir müssen mit Annahmen arbeiten«, sagt der Intendant. Lange hat er sich Gedanken gemacht, wie ein Hygienekonzept, verbunden mit den Abstandsregeln, in der Wasserburg umgesetzt werden könne. 250 bis 270 Gäste könnten im Juli bei einem Mindestabstand von 1,50 Meter die Vorstellungen sehen. »Könnten und würden - ohne diese Zusätze geht es derzeit nicht«, sagt Kunzmann. Momentan wird mit viel Fleiß und Eifer unter den geltenden Bedingungen gearbeitet: Die Schauspieler werden täglich auf Corona getestet, geprobt wird mit Maske, in der Schneiderei und hinter der Bühne müssen die Abstände eingehalten werden: »Das trifft uns wie alle anderen Branchen«, sagt Kunzmann. Durch das Programm »Neustart Kultur« des Landes Hessen wird zusätzlich Geld investiert, um den Festspielbetrieb unter den pandemischen Umständen aufrechterhalten zu können. Die Flächen im Außenbereich um die Burg werden vergrößert, vor der Zehntscheune kommen weitere Sitzgelegenheiten hinzu, es wird über Trennwände im Publikumsbereich nachgedacht.
Nikolai Friedrich wohl im September
Den kompletten Spielplan einfach um mehrere Wochen »nach hinten zu schieben« sei organisatorisch nicht möglich gewesen. Die Schauspieler sind in jeweils zwei Stücken engagiert, in festen Strukturen. Daher müsse man am jetzigen Zeitplan festhalten, erklärt Dramaturgin Ruth Schröfel. Etwas anders sieht das bei den Gastprogrammen im Juni aus. Kunzmann hofft, den Auftritt von Nicolai Friedrich oder der Barrelhouse Jazzband auf Mitte September verschieben zu können und dann mehr Zuschauer zulassen zu dürfen. Wenig Hoffnung macht er sich für die Vormittagsveranstaltungen für Schulklassen im Mai und bis zu den Ferien. Diese Gruppengrößen sehe er derzeit nicht in der Burg, bedauerte er.
Kultur an der frischen Luft - darauf setzen die-Verantwortlichen mit einem neuen Programmpunkt: Mit Kopfhörern können Besucher sich in die Welt von Shakespeares Sonetten entführen lassen und dabei durch den Bad Vilbeler Burgpark spazieren. Die Kopfhörer können im Kartenbüro gegenüber der Burg geliehen werden. Dort beginnt auch der reguläre Kartenverkauf für die Festspiele - am Samstag, dem 15. Mai. Sabine Bornemann