Jeden Morgen beim Zähneputzen noch fix zu Hause einen Corona-Test machen - das wird so schnell nicht möglich sein. Die neuen Schnelltests sind trotzdem ein Fortschritt. Sie haben Schwächen, aber auch Vorteile.
? Wie funktionieren Antigen-Tests?
Antigen-Tests suchen in Abstrichproben nicht aufwendig nach dem Erbgut des Virus, sondern nach Molekülen, die charakteristisch für die Viren sind. Ähnlich einem Schwangerschaftstest, wird das Ergebnis auf einem Teststreifen angezeigt. Nicht verwechseln darf man Antigen-Tests mit Antikörper-Tests. Letztere weisen nach, dass jemand eine Infektion überstanden und Antikörper gebildet hat.
? Was sind die Vorteile und Nachteile?
Antigen-Tests reagieren weniger empfindlich als die bisher üblichen PCR-Tests, liefern aber schneller ein Ergebnis - in der Regel nach 15 bis 30 Minuten. Sie erkennen eine Infektion nicht so gut im Anfangsstadium und im späteren Verlauf. In der Phase, in der ein Patient besonders ansteckend ist, können die Schnelltests das Virus aber recht sicher erkennen. Wenn der Test positiv ausfällt, ist die Testperson mit ziemlicher Sicherheit infiziert. Ein negatives Ergebnis aber schließt eine Infektion nicht aus - besonders, wenn eine niedrige Viruslast vorliegt.
? Welche Tests gibt es überhaupt?
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) listet alle Antigen-Tests auf, die laut Herstellerangaben bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Bis zum Wochenende waren dort bereits mehr als 200 Produkte erfasst.
? Gibt es Studien zur Genauigkeit?
Ein Forscherteam der Berliner Charité hat sieben Anbieter getestet. Dabei ging es vor allem um zwei Größen: Die Sensitivität gibt an, wie zuverlässig der Test Erkrankte als solche erkennt. Die Spezifität zeigt, ob der Test Nichtinfizierte tatsächlich als gesund erkennt. Die Spezifität der untersuchten Tests lag zwischen 88,24 Prozent und 100 Prozent. Je infektiöser der Patient ist, desto besser kann der Test das erkennen.
? Wie bewerten Virologen die Antigen-Tests?
Antigen-Tests eröffneten »neue Handlungsoptionen in der Pandemie«, schreiben die Autoren der Studie. Sie könnten zum Beispiel dabei helfen, zu entscheiden, wann eine Quarantäne aufgehoben werden kann. Die Autoren gehen zudem davon aus, dass sich die Qualität der Antigen-Tests in Zukunft weiter verbessern wird. Am Eingangstor von Seniorenwohnheimen könnten sie »unglaublich viel Gutes« leisten, sagte der Berliner Virologe Christian Drosten im NDR-Podcast »Das Coronavirus-Update«. Voraussetzung sei jedoch ein Test, der die Infektion zuverlässig anzeige. Auch die Frankfurter Virologin Sandra Ciesek plädierte dort für einen breiten Einsatz. »Antigen-Tests sind eine sinnvolle Unterstützung, sie können aber die PCR-Tests nicht ersetzen«, sagt Martin Stürmer, Laborleiter im Medizinischen Versorgungszentrum in Frankfurt.
? Welche Rolle spielen Antigen-Tests derzeit?
Im Oktober wurde die Nationale Teststrategie um Antigen-Tests erweitert. Einer Verordnung zufolge, die seit Mitte Oktober gilt, sollen Schnelltests vor allem in Kliniken und Pflegeheimen zum Einsatz kommen, etwa für Bewohner, Personal und Besucher. Ziel ist es, vor allem asymptomatische Menschen mit einer SARS-CoV-2-Infektion aufzuspüren. In Pflegeheimen sind bis zu 20 Tests pro Monat pro Bewohner möglich.
? Wer prüft, ob die Tests halten, was sie versprechen?
Patientenschützer verlangen geprüfte Angaben zur Zuverlässigkeit von Corona-Schnelltests. Bisher verlasse man sich dabei allein auf die Angaben des jeweiligen Herstellers, kritisiert der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch.
? Gibt es Schnelltests für zu Hause?
Heimtests für Laien zu entwickeln oder zu verkaufen, ist in Deutschland nicht erlaubt - anders als in den USA. Die US-Arzneimittelbehörde FDA hat einen Corona-Test für den Hausgebrauch zugelassen. Virologe Stürmer sieht das kritisch: Ein schlechter Abstrich führe zu schlechten Ergebnissen, auch beim Ablesen könnten Fehler entstehen. In Hessen soll die Studie »Safe School« die Anwendung der Tests durch Laien erforschen. Rund 1000 Lehrer sollen jeden zweiten Tag Abstriche bei sich vornehmen und diese mittels Schnelltest untersuchen.
? Was sagen die Kliniken zum Schnelltest?
»Antigen-Tests helfen uns sehr viel«, sagt der Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft, Steffen Gramminger. Der Vorteil sei die Geschwindigkeit: Man kann Besucher und ambulante Patienten vor Betreten der Klinik testen, um zu verhindern, dass sie im Haus jemanden infizieren. Auch für Tests beim Klinikpersonal seien sie hilfreich. »Und sie entlasten Labore.«
? Was meinen Heime zu dieser Testmöglichkeit?
Hier gibt es auch kritische Stimmen. Der Geschäftsführer der Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg, Alexander Schraml, sieht Schnelltests in Pflegeheimen »mit gemischten Gefühlen«. Die Tests seien zu unzuverlässig. Außerdem sei der Aufwand hoch.
? Sind Schnelltests eine Chance für die Wirtschaft?
Lufthansa hat 250 000 Schnelltests gekauft. »Erfolgreiches Testen ganzer Flüge kann der Schlüssel zum Wiederbeleben des Flugverkehrs werden«, sagt Vorstandsmitglied Christina Foerster. Auch erste Hotels bieten Schnelltests an.
? Sind Antigen-Tests eine Option für die Kultur?
Derzeit nicht, glaubt Virologe Stürmer. Ein Antigen-Test weise nur nach, ob jemand gerade infektiös sei oder nicht. Man benötige zudem viel medizinisches Personal in kurzer Zeit, das Abstriche nehmen und Tests auswerten müsse. dpa