So viele Fahrgäste wie vor 20 Jahren, die Einnahmen um ein Viertel eingebrochen: Auch den RMV trifft Corona hart. Immerhin müssen sich Fahrgäste und Verantwortliche keine Sorgen übers Geld machen. Der Bund und das Land haben finanzielle Rettungsschirme gespannt, damit Bahnen und Busse weiter fahren. RMV-Chef Ringat rechnet damit, dass das auch so bleibt. Der Nahverkehr beweise sich gerade als Daseinsvorsorge. Der RMV biete den Fahrgästen, die noch fahren müssten, mit dem vollen Angebot bei stark reduzierter Nachfrage genug Platz, um sicher Abstand zu halten.
Aktuell gibt sich der Verbund große Mühe, Kunden an sich zu binden. Die jährliche Preiserhöhung ist bis Juli aufgeschoben. Eine neue, komfortablere App soll es ab Sommer geben. Der neue, 20-prozentige Prepaid-Rabatt, der seit August als Handy-Ticket für Einzelfahrten angeboten wird, wurde bereits 107 000-mal genutzt. Fast die Hälfte der Fahrten damit finde in, von oder nach Frankfurt statt. Der RMV erreiche zielgenau Pendler, freut sich der Chef.
Bei Jobtickets zugelegt
Bei den Jobtickets ging es im ersten Corona-Jahr sogar 24 Prozent rauf. »Absolut überraschend«, sagt Ringat. Firmen und Behörden schätzten das Angebot als Lockmittel für Mitarbeiter. Ins Hintertreffen geriet allein das Seniorenticket: Ende 2019 rasant mit 45 000 Verkäufen gestartet, seien kaum Kunden hinzugekommen.
Weil wenig los ist, rollen Züge und Busse sehr zuverlässig. 2020 erreichte die S-Bahn 94,2 Prozent Pünktlichkeit (plus 2,4 Prozent). »Das zeigt, was möglich ist, wenn wir nicht überlastet sind«, sagt Ringat. Damit das so bleibe, »brauchen wir mehr Infrastruktur und mehr Fahrzeuge«. Der RMV erwartet, dass die Fahrgastzahlen ab 2024 wieder auf dem Vor-Corona-Niveau von mehr als 800 Millionen Menschen pro Jahr liegen.
Ohnehin sind Stammkunden treu geblieben, nur fünf Prozent kündigten. Weggefallen seien Freizeitfahrten, sagt Ringat. Für die Zeit nach Corona ist der RMV-Chef zuversichtlich: »Die Menschen werden wieder im ÖPNV fahren, wenn es wieder Verkehrsanlässe gibt« - ins Stadion, zum Einkaufen oder ins Theater. Daher treibt der Verbund Ausbauprojekte voran. Bis Sommer will die Bahn die Machbarkeitsstudie für den Fernbahntunnel unter Frankfurts Innenstadt fertig haben. Dazu will der RMV einen S-Bahn-Ring um Frankfurt bauen. Als Erstes geht die Regionaltangente West von Bad Homburg über Höchst und den Flughafen nach Neu-Isenburg ab 2026/27 in Betrieb.
Machbarkeitsstudien will der RMV dieses Jahr auch für eine Regionaltangente Ost von Bad Vilbel nach Frankfurt-Süd und für eine Süd-Tangente von Offenbach via Flughafen nach Groß-Gerau in Auftrag geben.
S 6-Ausbau nach Bad Vilbel bis 2023 fertig
Mehr Gleise entstehen im Zulauf zum überlasteten Frankfurter Hauptbahnhof. Dieses Jahr sollen der Ausbau des Homburger Damms für Züge ins Rheingau und nach Limburg fertig und mit dem Ausbau der Strecke zum Stadion begonnen werden. Der S 6-Ausbau nach Bad Vilbel wird bis 2023 fertig, der S 5-Ausbau nach Usingen bis 2023/24. Der Bau der nordmainischen S-Bahn von der Kons-tablerwache nach Hanau soll 2022 starten. In Planung sind laut RMV-Chefplaner Thomas Busch eine Strecke zum Flughafen-Terminal 3 und der Ausbau der überlasteten Zulaufstrecken zum Frankfurter Südbahnhof.
Knut Ringat rechnet weiter mit Rückenwind der Politik und Geld für das ambitionierte Ausbauprogramm. »Die Verkehrswende ist weiter wichtig«, da der Klimawandel auch nach Corona ein Problem bleibe. In der Pandemie habe der Rückgang vor allem des Autoverkehrs die Stickoxidbelastung um 35 Prozent gesenkt. Das zeige, wie groß das Potenzial sei, findet der RMV-Chef. »Wir müssen den ÖPNV nach Corona weiter ausbauen«, stellt er fest.