22. April 2018, 23:46 Uhr

Heimatklänge – von Nationalismus weit entfernt

22. April 2018, 23:46 Uhr
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Von Volker Mattern
Die Mittelhessen-Musikanten mit veränderter Neubesetzung. (Foto: m)

Beste Unterhaltung mit Blasmusik und volkstümlichen Klängen boten die Mittelhessen-Musikanten am Samstag. Zum dritten Mal begeisterten sie im Launsbacher Bürgerhaus nach einem Jahr Pause wieder ihr Publikum. Besonders freute sich Otwin Balser, der Leiter und Dirigent des Orchesters, über ein mit knapp 300 Gästen ausverkauftes Haus. Das Programm, moderiert von Orchestermitglied Carsten Schäfer, trug die unverkennbare Handschrift des waschechten Launsbacher Balser, der in den zurückliegenden Wintermonaten kurze Tage und lange Nächte genutzt hatte, um fleißig zu komponieren und zu arrangieren. Dieses Engagement, gepaart mit großer Spielkunst aller Musikanten, war die schmackhafte Mischung des ansprechenden und anspruchsvollen dreistündigen Konzertabends. Die Darbietungen verfeinerte das Gesangsduo Nora Schmidt und Bruno Werner.

Den Auftakt machte die von Otwin Balser komponierte »Flashmob-Polka«. Wie einiges aus seiner Feder, war auch diese Polka die künstlerische Aufarbeitung persönlicher Erlebnisse. Dass das Thema »Heimat« dabei breiten Raum einnimmt, dazu steht Otwin Balser und das ist für ihn auch nichts Ehrenrühriges. Umso glaubhafter und mutiger seine Kritik an Strömungen, die diese volkstümliche Musik in der nationalistischen Ecke verorten. Otwin Balser, der in seinem Grußwort über Absichten des Hessischen Rundfunks informierte, wonach der Sender auf hr 4 »Gude, Servus und Hallo« aus genau diesen Gründen aus dem Programm nehmen wolle, rief seine Gäste zum Widerstand gegen diese Absichten auf. Blas- und Volksmusik seien ein Kulturgut, in dem Heimat beschrieben wird – nicht mehr und nicht weniger. Mit Nationalismus habe dies rein gar nichts zu tun, wehrte er sich.

Das Hessenland und selbstverständlich auch das Gleiberger Land als unmittelbare Heimat, fanden sich in Texten und Melodien in zahlreichen eigenen Stücken wie beispielsweise dem »Heimatwalzer« und auch den Uraufführungen »Sonnenschein im Hessenland« und »Die Tage werden wieder länger« wieder. Der heimliche Klassiker, die »Wildsau-Polka« wurde zu Gehör gebracht. Viel war vom Großmeister Ernst Mosch zu hören, aber nicht nur seine größten Polka-Hits und die böhmischen Rhythmen erfüllten den Bürgerhaussaal: Otwin Balser kann auch mit Tangomelodien und einem Paso Doble aufwarten, ein Stück, das er bei einem Urlaub am Strand von Mallorca zu Papier brachte und das genauso heißt: »Unter der Sonne von Mallorca«. Stehende Ovationen entlockten dem 20köpfigen Klangkörper noch einige Zugaben. Darunter auch die heimliche Hymne von Launsbach, die der Konzertmeister vor Jahren der Burschenschaft gewidmet hatte: »Eiskaale Loaschbächer saj mier, Koathrine mier saj frei« und Kenner dürfte es aufgefallen sein, dass Passagen und Akkorde aus dem Arbeiterlied »Brüder zur Sonne zur Freiheit« entliehen sind. Das Konzert war eine Gemeinschaftsveranstaltung der Mittelhesen-Musikanten mit der »Kappenträger«-Kameradschaft Launsbach um Vorsitzenden Pierre Bittendorf, die wieder die Bewirtung übernommen hatte.



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