Gießen (jou). Eine gelungene Mischung aus instrumentalen und vokalen Kompositionen bot das Main-Barockorchester Frankfurt unter Leitung des Violinisten Martin Jopp gemeinsam mit dem erstklassigen Tenor Jan Kobow am Freitag in der Johanneskirche. Von der großen Bandbreite kontrastierender Affekte, die an diesem Abend nahe rücken sollten, gaben bereits die vitalen Allegro-Ecksätze von William Boyces Symphonie Nr. 1 B-Dur eine eindrucksvolle Vorstellung. Diese umrahmten einen schwermütigen Mittelsatz, bei dem die bezaubernde Melodik in Atem hielt, unterstrichen durch den seidigen Glanz der Violinen.
Emotionale Wallungen auf engerem Raum vermittelte das Preludio von Giovanni Bononcinis Kantate »Barbara ninfa ingrata«. Beim folgenden Rezitativ begeisterte Tenor Jan Kobow mit seinem leuchtkräftigen, voller poetischer Zwischentöne steckenden Gesang. Die Kantate entführte in eine arkadische Szene: Der Hirte Tirsi verliebt sich unglücklich in Clori. Immer neue Schattierungen verlieh Kobow dem Wehklagen des Mannes. Am Ende siegen die seelischen Qualen, Tirsi begeht Selbstmord. Der Tenor und das auf zwei Violinen, Cello und Cembalo reduzierte Ensemble bewiesen ein hohes Maß an musikalischer Sensibilität.
Mit Bononcini konkurrierte in London Georg Friedrich Händel. Detailverliebt brachte das Orchester dessen von einem anonymen Bearbeiter zusammengestellte Zwischenmusik zu Ben Johnsons Komödiensatire »The Alchymist« zu Gehör. Perfekt passte sich das Ensemble der leicht hallenden Saalakustik an und erzeugte ein luftiges Klangbild. Ob virtuos-bewegte Passagen oder Teile von tänzerischer Grazie - stets gefiel die klare Konturierung. Äußerst behutsam spürten die Musiker dem künstlerischen Gehalt nach und legten mit ihrer stilgetreuen Spielweise wieder feine Facetten frei.
Ein bedeutender englischer Komponist war auch Thomas Arne. Seine Kantate »Cymon und Iphigenia« basiert auf einer Erzählung aus Boccaccios »Decamerone«. Darin begegnet der Bauerntölpel Cymon der schönen Iphigenie. Lautmalerische Elemente zeigten sich im eröffnenden Rezitativ »Near a thick grove«. Geläutert durch Iphigenie, eignet sich Cymon in der Arie »The stream that glides« die gehobene Ausdrucksweise an. Großes Vergnügen bereitete auch Giuseppe Sammartinis Concerto grosso a-Moll op. 5 Nr. 4 mit der leidenschaftlich-dramatischen Sphäre im Allegro-Kopfsatz und dem beschaulichen Andante, dem sich ein gewichtig rhythmisiertes Allegro sowie ein Menuett mit reizvollen Violinduo-Abschnitten anschlossen.
Das ausgezeichnete Konzert endete mit Händels Kantate »Look down, harmonious saint«, einem Lobgesang auf die Erhabenheit der Musik mit ihrer inneren Harmonie und Zauberkraft. Tenor Kobow begeisterte hier noch einmal mit beispielhafter Natürlichkeit und Eleganz. Ein international renommierter Solist wird auch beim nächsten Konzertreihen-Termin des Main-Barockorchesters zu erleben sein: Sopranistin Hannah Morrison präsentiert gemeinsam mit dem Ensemble am 21. Februar an gleicher Stelle die neue CD mit italienischen Kantaten von Carl Heinrich Graun.