Die Stadtverordneten hatten viel Hoffnung in die Gespräche gesetzt, aber die Bau-Arge A 49 bleibt hart. Die bisherigen Verhandlungen, um für die Bürger Verbesserungen hinsichtlich der schädlichen Folgen des Autobahnbaus zu erreichen, sind gescheitert. Jetzt soll laut Anwalt Matthias Möller eine härtere Gangart eingeschlagen werden: »Das scheint hier angebracht.« Beide Seiten werden sich mit hoher Wahrscheinlich vor Gericht treffen, die Stadtverordneten wollen kommende Woche weitere Beschlüsse fassen. Sie vereinbarten aber in ihrer Sitzung am Donnerstagabend in der Stadthalle bereits, dass der bisher vorgelegte Vertrag verschärft werden soll.
Die umstrittenen Punkte: Es geht unter anderem um Erdtransporte über Feldwege und darum, die im vergangenen November erteilte Erlaubnis zur Feldwegenutzung als nichtig erklären zu lassen. Ferner sollen aus Sicht der Stadt keine Erdtransporte durch Kernstadt und Stadtteile stattfinden dürfen.
Was ist aber das Ergebnis der Verhandlungen? Die Bauunternehmen wollen sich die Möglichkeit offenhalten, die Erdtransporte auch über die Straßen durch die Kernstadt und die Stadtteile abzuwickeln. »Daran scheiterte der von den Stadtverordneten gebilligte Entwurf eines öffentlich-rechtlichen Vertrags,« so Anwalt Möller.
Die Positionen der Bau-Arge lauten so: Man könne öffentliche Straßen durch bewohnte Gebiete für den Baustellenverkehr nutzen. Es gebe auch keinen Zwang für einen vorrangigen Bau von Brücken/Überführungen oder zum Ausbau des Feldwegs zur MHI-Deponie. Und am wichtigsten: Die Stadt sei an ihre Genehmigung zur Nutzung der Feldwege gebunden. Kleines Zugeständnis: Sichtschutzablagerungen für Appenrod, Neu-Ulrichstein, Dannenrod oder Erbenhausen seien ohne Umweltverträglichkeitsprüfung mit einer Erlaubnis der Unteren Naturschutzbehörde möglich.
Feldwegenutzung »nicht rechtmäßig«
Rechtsanwalt Möller sagte, die Verhandlungen mit der Bau-Arge aus den Firmen Strabag und Leonhard Weiss seien nicht endgültig beendet, aber man müsse die »Zügel anziehen« und die Strategie ändern. Das optische Bild der Feldwege rund um die Autobahnbaustelle nannte er »erschütternd«. Und 120 Lkw-Fahrten könnten in den Hochzeiten des Autobahnbaus anfallen, »wenn die über die Kernstadt oder die Stadtteile abgewickelt werden, kann sich jeder vorstellen, was das heißt«. Das gelte es zu verhindern. Die Bau-Arge hat dagegen ihre eigenen Vorstellungen und will gegen ein Nutzungsverbots von Feldwegen vorgehen. Konsequenz: Die Stadt wird wohl vor dem Landgericht klagen müssen.
Was die umstrittene Erlaubnis der Stadt für die Nutzung der Feldwege angeht, so wirft sie nach Ansicht von Anwalt Möller viele ungelöste Fragen auf. Es gebe darin »etliche Defizite«. So seien beispielsweise Verschmutzung und Reinigung der Wege nicht geklärt. Berechtigte Nutzer der Wege seien zudem nicht gehört worden. Zudem sei der Adressat nicht der gleiche, deshalb würden seit 1. November Feldwege »ohne Berechtigung und ordnungswidrig genutzt«. Zudem sei die Stadt nicht zuständig gewesen, »das Verkehrsministerium in Wiesbaden hätte entscheiden müssen.« Ferner sei nicht geklärt worden, wie viele Lkw dort überhaupt fahren sollen und ob die Asphaltdecke das aushält. Der Sicherheitsabstand zum Radverkehr sei ebenfalls nicht gewährleistet. »Dazu muss der Lkw ausweichen, was erhebliche Gefahren bedeutet, weshalb der Fahrer das im Zweifelsfall nicht machen wird.«
Schadensersatz für die Stadt?
Die Strabag habe keine Grundlage für die Nutzung der Feldwege, es fehle ein Vertrag. Zudem werde eine Nutzung durch Zulieferer erlaubt, ohne dass man wisse, wer das ist. Des Weiteren sei der Magistrat nicht als zuständiges Gremium mit der Sache befasst gewesen. So fehlten zwei Unterschriften von zwei Mitgliedern des Magistrats. Diese seien aber nötig, wenn der Stadt ein möglicher Schaden entstehen kann.
Er gab die Empfehlung, die Genehmigung zur Nutzung der Feldwege als nichtig zu erklären. Erdmassentransporte auf Feldwegen sollten klar verboten werden. Denn es gebe ganz deutlich Verschmutzung, erhebliche Beschädigungen der Wege sowie eine Gefährdung für die übrigen Nutzer. Der Planfeststellungsbeschluss müsse in diesem Punkt geändert werden. Die Stadt könne eine Entschädigung fordern, hier rede man über eine sechsstellige Summe.
Ferner stellte er ein Konzept vor, wie Erdtransporte durch Kernstadt und Stadtteile verhindert werden können. Gegenüber dem Verkehrsministerum müsse darauf gedrängt werden, dass entsprechende Passagen im Planfeststellungsbeschluss konkretisiert werden.
Wenn die Transporte starten, sollten in einem Eilverfahren die Gerichte angerufen werden. »Sie blockieren damit nicht die Autobahn«, so Möller weiter.
Die Forderungen der Stadtverordneten bleiben: Keine Erdlaster durch bewohnte Ortslagen, Ersatz der Schäden der Stadt, Nachtfahrverbot für Baustellenverkehr, Ankündigungspflicht für den restlichen Bauverkehr und Überholverbot für Baufahrzeuge auf der L 3072.
Das Nutzungsverbot der Feldwege müsse sofort verfügt werden, so Möller. Eventuell soll ein Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof eingereicht werden. Man müsse sich auf harte Verhandlungen einstellen. »Ich bin trotzdem optimistisch, dass wir mit unseren guten Argumenten siegen.«
Nach einer Pause hieß es, man werde jetzt den Vertrag verschärfen und damit in die nächste Verhandlungsrunde gehen. »Wir müssen die Daumenschrauben anziehen«, forderte Jutta Stumpf, Fraktionsvorsitzende Bürgerforum. Wenn man zuwarte, dann würden die Chancen auf eine Entschädigung immer geringer. »Wir sollten jetzt schnell handeln,« forderte auch Michael Fina, SPD-Fraktionsvorsitzender. Auf seine Frage, wer das Recht der Stadt umsetzt, dass die Feldwege nicht befahren dürfen, sagte Möller: die Polizei.