Alsfeld (pm). Einfach das Fahrrad in der Alsfelder Altstadt abstellen, sich hinsetzen und in aller Ruhe die Passanten beobachten. Das ist nicht nur unter touristischen Aspekten interessant, es würde aus Sicht des BUND-Kreisverbands »die Stadt lebenswerter machen«. Doch nicht nur Touristen in Alsfeld fragten sich: Wo kann ich mein Fahrrad abstellen? Ist der Autostellplatz ein geeigneter Ort dafür, wohin sonst mit dem zweirädrigen Gefährt? Wie komme ich barrierefrei über den Marktplatz?
Befragung nicht ernst genommen?
Im Rahmen der Bürgerbefragung hätten sich 2018 über 56 Prozent der Teilnehmer für einen autofreien Marktplatz ausgesprochen. Diese Tatsache werde ebenso wie der Wunsch nach einem barrierefrei begehbaren und befahrbaren Marktplatz offenbar nicht von allen Stellen ernst genommen. Nicht ernst genommen fühlen sich auch die Verbände, die im Verfahren des Nahmobilitätschecks beteiligt sind.
Denn seit Ende November 2020 liege das Ergebnis der Stadtverwaltung vor, werde jedoch »unter Verschluss gehalten«. Noch während der Bauarbeiten wurde der Marktplatz für den Autoverkehr freigegeben und die Autoparkplätze auf dem Marktplatz ausgewiesen. »Mit den Autos kamen nicht nur die Abgase und der Lärm, sondern auch die Unruhe zurück.«
Es fehlten öffentliche Sitzgelegenheiten, die für alle die Möglichkeit bieten, sich auszuruhen. Die Möglichkeit zu haben, sich ohne Konsumzwang hinsetzen zu können, sei wichtig. »Nicht nur in Metropolen tragen diese einfachen Maßnahmen dazu bei, die Innenstädte attraktiver zu machen«. Auch am Beispiel der Marktplatzsanierung zeige sich, worauf es den politisch Verantwortlichen ankomme: auf Autos und Autoparkplätze. Immerhin sorgten die im Boden eingelassenen Poller an einigen Tagen dafür, »dass die Menschen im Vordergrund stehen«. Dennoch stelle sich die Frage: Ist der Marktplatz in Alsfeld für die Autos oder die Menschen da?
Verkehrsverein: Brauchen Parkplätze
Ganz anders sieht der Verkehrsverein die Lage. »Die Kunden kommen endlich wieder zurück und möchten das Einkaufen neu erleben«, so die Interessenvertretung der heimischen Wirtschaft, der Gastronomie, der Kulturtreibenden und des Einzelhandels. »Man will sich in Modegeschäften inspirieren lassen, den Stoff fühlen, den Duft in der Parfümerie riechen, das Brot in der Bäckerei probieren. Man will spüren, ob die Schuhe passen und die Farbe der Schuhe zur Bekleidung passt. Beratung ist gefragt, wo der nächste Urlaub hingehen soll und vieles mehr.«
Doch neben attraktiven Sortimenten, kulinarischen Leckereien und weiteren Angeboten müsse das Umfeld passen. »Unsere Stadt strengt sich da gerade mächtig an, das finden wir gut. Dies alles bewirkt, dass die Aufenthaltsqualität steigt«, so der Verkehrsverein.
Gerade der Marktplatz sei für die Gäste und Touristen das »Highlight«. Hier habe man noch viel vor. Der Anfang sei gemacht. Abstellmöglichkeiten für Fahrräder, Sitzgelegenheiten für Besucher und Blumenschmuck sollen folgen.
Die Geschäftsinhaber in der Innenstadt seien aber unbedingt darauf angewiesen, dass die Kunden in der Nähe der Geschäfte parken können. Daher hatte sich der Verkehrsverein vehement für den Erhalt aller Parkplätze auf dem Marktplatz eingesetzt, sei aber den Kompromiss eingegangen, dass künftig nur noch eine Parkreihe für Autos zur Verfügung steht.
Der Verkehrsverein bittet nun darum, die Diskussion über die Befahrbarkeit des Marktplatzes endlich ruhen zu lassen. »Natürlich verstehen wir die Menschen, die gerne ohne Motorengeräusche auf dem Platz sitzen wollen, vergessen Sie aber bitte nicht die Geschäftsinhaber, Selbstständigen und die Mitarbeiter, die dort ihr Geld verdienen.«
Für sie sei es existenziell wichtig, dass ihre Kunden auch weiterhin eine Parkmöglichkeit auf dem Marktplatz haben. Niemand parke weiter weg, nur um schnell ein Brot zu kaufen oder ein Rezept einzulösen. Außerdem wohnten Menschen in der Innenstadt, die auf Parkplätze angewiesen sind.
Wenn in der Innenstadt kein Geld mehr verdient werde, »dann verlieren Menschen ihre Arbeit, ihre Existenz und unsere Fachwerkhäuser verfallen, weil sie niemand unterhalten kann«.
»Wir wollen und müssen die Alsfelder und unsere Gäste zum Bummeln, Einkaufen und Genießen in die Innenstadt locken, wir wollen wieder eine lebendige, lebens- und liebenswerte Innenstadt«, so der Verkehrsverein.