Jedes Jahr legt der Kreis fünf Millionen Euro bei der Finanzierung des öffentlichen Personen-Nahverkehrs drauf, mit Tendenz nach oben. In fünf Jahren kann der Zuschuss bereits sieben Millionen Euro betragen, wie es im Bauausschuss des Kreistags hieß.
Die Zahlen präsentierte Stefan Klöppel, Leiter des Verkehrsbereichs beim Zweckverband Oberhessische Versorgungsbetriebe ZOV. Das ist die Gesellschaft der Landkreise Gießen, Wetterau und Vogelsberg zur Kontrolle des Energieversorgers OVAG und der Verkehrsgesellschaft Oberhessen VGO.
Klöppel verwies auf die Schwierigkeiten in einem großen Landkreis mit seinen vielen kleinen Dörfern. »Die sind sehr undankbar für den Linienverkehr«, deshalb werden kleinere Orte über das Anruf-Linien-Taxi an Mücke, Alsfeld und Lauterbach angebunden, wo Anschluss an die Vogelsbergbahn besteht.
Gut angenommen werden die neuen schnellen Busse von Alsfeld nach Treysa und Bad Hersfeld. Klöppel sieht keine Möglichkeit, in der Fläche mehr Fahrgäste zu erreichen. Bislang sind die Kunden zum überwiegenden Teil Schüler und weitere Fahrgäste leben verstreut. Zudem sind die Vogelsberger sehr auf das Auto orientiert. Er stimmte mit Landrat Manfred Görig überein, dass man Kunden anlocken kann, wenn man schnelle Verbindungen in die Zentren anbietet.
Ein Sonderfall bei den Buslinien ist der Vulkan-Express, der in der warmen Jahreszeit zum Hoherodskopf fährt. Aber selbst dieser gut genutzte Bus erfordert Zuschüsse »im sechsstelligen Bereich«.
Das Rückgrat des Nahverkehrs ist die Vogelsbergbahn, auf der sich einiges getan hat. Dabei weist der Landrat darauf hin, dass der Rhein-Main-Verkehrsverbund RMV viel beiträgt, das dem Vogelsberger Bahnbenutzer zugutekommt.
Der Taktverkehr wird gut angenommen. Im Jahre 2010 legten die Züge 667 000 Kilometerf zurück, in diesem Jahr sind es bereits 823 000. Die Zahl der Fahrgäste stieg in ähnlichem Umfang um 24 Prozent auf rund 2,1 Millionen. Ein Vorteil sind ICE-Verbindungen über Fulda, so fährt man in dreieinhalb Stunden von Lauterbach nach Berlin.
Handlungsbedarf bei Bahnhöfen
Beim Blick auf die nähere Zukunft wies Klöppel besonders auf die Lage der Bahnhöfe hin: »Da besteht großer Handlungsbedarf.« Ein Problemfall ist der Bahnhof Alsfeld, der mit 76 Zentimeter hohem Bahnsteig und den Treppen in keiner Weise barrierefrei ist. Dieser Knotenpunkt des Nahverkehrs soll über ein Bundesprogramm modernisiert werden. Ohne Hindernisse ist nur der Bahnhof Zell-Romrod benutzbar. Die übrigen sechs Bahnhöfe im Kreis sind »mit Hilfen barrierefrei«.
Bei den Planungen für die nächsten Jahre auf der Bahnstrecke ist der Vogelsberg auf die Entwicklungen in Gießen und Fulda angewiesen. Dort wird über eine Nutzung der Strecke als S-Bahn im Einzugsbereich der Städte diskutiert, Anfang 2022 rechnet man mit Ergebnissen, wie die Kommunen die Bahnstrecke nutzen wollen.
Ohmtalbahn: Erst abwarten
Im kommenden Jahr könne auch endlich die Machbarkeitsstudie beauftragt werden, um auszuloten, was überhaupt umsetzbar ist. Gießen und Fulda hätten mitgeteilt, sie können sich mehr auf der Bahnstrecke vorstellen.
Dabei werde auch überlegt, neue Haltepunkte zu bauen. Deshalb müsse man die Ergebnise der Voruntersuchung abwarten. Es geht um deutliche Veränderungen, wie Klöppel am Beispiel Wasserstoffantrieb aufzeigte.
Im Taunus sollen demnächst Züge mit der umweltfreundlichen Technik fahren. Wenn man das auf die 106 Kilometer lange Strecke von Gießen nach Fulda überträgt, kann man auch über einen Hybridantrieb nachdenken, wobei streckenweise eine Oberleitung zur Stromversorgung zum Einsatz kommen kann. Wenn man batteriebetriebene Züge einsetzen will, braucht man Starkstrom-Ladegeräte. »Die alternativen Antriebe werden zu einer weiteren Kostensteigerung führen«, sagte Klöppel. Denn die Zuschüsse des Landes sind schon in der Vergangenheit nicht gestiegen. Für Investitionen gibt es Zuschüsse.
Die Zusatzkosten im laufenden Betrieb gehen aber nach oben. Bei der Modernisierung geht es auch um Streckentechnik. So werde es künftig nur noch ein zentrales Stellwerk geben. Dann fallen die Stellwerke an der Strecke weg.
Noch offen ist die Zukunft der »Ohmtalbahn. Zur Reaktivierung der Strecke Kirchhain-Gemünden wird eine Studie angefertigt, die demnächst vorliegen soll. Dann würde der Bahnhof Burg-/Nieder-Gemünden zur Umstiegsanlage umgestaltet. Dr. Birgit Richtberg brachte ins Gespräch, zu prüfen, ob auch in regulären Bussen Fahrräder mitgenommen werden können. Fahrradträger müssten dann in die Ausschreibung aufgenommen werden, hieß es.
Andreas Fey freute sich darüber, dass auch kleinere Kommunen wire Kirtorf an das Netz angeschlossen sind. Er fragte, ob Bürgerbusse ins System eingegliedert weren können. Das verneinte Klöppel, die Fahrzeuge mit ehrenamtlichen Lenkern dürfen keine Konkurrenz zum regulären Nahverkehr sein.