wird immer mehr zur Vorzeigekommune gegen den Klimawandel, zumindest was den Ausbau der erneuerbaren Energien angeht. Schon bislang ist Hessen höchstgelegene Stadt bekannt für seine Windparks, nun kommt auch noch der Ausbau bei der Photovoltaik hinzu. Im Gewerbegebiet am Sportplatz entsteht gerade eine Freiflächenanlage der Energiegenossenschaft Vogelsberg EGV auf einer Fläche von rund drei Hektar.
Die Ständer sind auf dem Areal bereits brusthoch aufgestellt, nun werden nach und nach die Solarmodule aufgesetzt und verkabelt. Die ganze Anlage soll bis Ende Mai fertig installiert sein.
Die Leistung beziffert Günter Mest von der EGV auf rund 1,8 Megawatt. Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von rund 500 Haushalten, wenn man 3500 Kilowattstunden Jahresverbrauch ansetzt. »Dadurch werden auch jedes Jahr rund 100 Tonnen Kohlendioxid eingespart«, sagt Mest. Das ist mit Blick auf den Klimawandel eine zentrale Aufgabe der Genossenschaft. »Die Klimaerwärmung kommt wie eine 50 Meter hohe Tsunamiwelle auf uns zugerast und wird uns über lange Jahre noch stark beschäftigen«, gibt Mest zu bedenken.
Deshalb sei es notwendig, mehr Strom umweltschonend über Wind- und Sonnenkraftwerke zu erzeugen. Das sei eine Maßnahme gegen das Insektensterben, das Verdorren von fruchtbaren Landwirtschaftsflächen und Wäldern sowie die drohende Überflutung von Küstengebieten durch die steigenden Meeresspiegel.
Dennoch sind solche Anlagen nicht überall willkommen. »Ich bin froh, dass wir in Ulrichstein auf eine gute Akzeptanz stoßen«, freut sich Mest. Denn es muss noch weiter zugebaut werden. Es ist absehbar, dass immer mehr Elektro-Pkw auf den Straßen rollen werden. Da stellt sich die Frage nach umweltfreundlicher Stromerzeugung besonders dringend.
Rendite von 2,5 bis 3,5 Prozent
Jenseits des gesellschaftlichen Nutzens von regenerativen Energieträgern ist die Stärkung der regionalen Wirtschaft für die Genossenschaft bedeutend. Denn die Einnahmen werden an die Mitglieder ausgeschüttet. Aktuell bietet die EGV bei ihren Projekten eine Rendite von 2,5 bis 3,5 Prozent auf angelegtes Kapital. Das ist in Zeiten der Null-Zins-Politik erfreulich für viele Vogelsberger, wie Mest betont. Zudem zahlt die EGV in der Region ihre Steuern.
In Ulrichstein betreibt die Genossenschaft bereits eine PV-Anlage auf der alten Erddeponie an der Landstraße nach Helpershain. Dort werden 1,4 Megawatt Strom erzeugt. Die Nachrangdarlehen hierfür waren schnell überzeichnet, wie Merst sagt. Das heißt, es gab deutlich mehr Interesse an Anteilsscheinen als ausgegeben werden konnten. Wer bei diesem ersten Projekt in Ulrichstein nicht zum Zuge gekome ist, kann sich nun an der über eine Million Euro teuren Photovoltaik-Anlage am Sportplatz beteiligen.
Auch die Stadt profitiert. Von der Anlage auf der Erddeponie fließen Pachteinnahmen in die Stadtkasse, sagt Bürgermeister Edwin Schneider. Weiterhin hoffe man bei beiden Anlagen auf künftige Gewerbesteuereinnahmen.
Die Flächen unter den aufgeständerten Modulen werden übrigens von Schäfern für ihre Schafherden genutzt. Die Zusammenarbeit mit ihnen klappt sehr gut, betont Mest. Für die neue Anlage wird sogar ein Wasseranschluss hergestellt, um die Tiere tränken zu können.
Das Argument, dass die Produktion von Solarparks mehr Energie verschlingt als im Betrieb erzeugt wird, wischt Mest beiseite. »Die Module haben sich nach etwas über einem Jahr in ihrer Kohlendioxidbilanz amortisiert.« Der technische Fortschritt macht immere leichtere und effektivere Anlagen möglich.
So werden die Module aus dünneren Silizium-Platten hergestellt, das spart Material und Energie. Auch die Träger aus Aluminium sind schlanker geworden, was den Energieaufwand bei der Herstellung senkt. Durch steigende Produktionszahlen der PV-Module sinken die Preise. Inzwischen sind größere Solarparks auch schon ohne eine Förderung aus der Erneuerbare-Energien-Umlage rentabel, sagt Mest. »Die Technik wird immer konkurrenzfähiger.«