Wenn Florian Schroeder prominente Politiker parodiert, bleibt kein Auge trocken. Ausgerechnet seine Zugabe nach dem einstündigen Auftritt beim alljährlichen Mitgliederevent der Volksbank Mittelhessen in der Gießener Kongresshalle war der Höhepunkt des Abends. Einfach famos, wie der Kabarettist mit Stimme, Mimik und Gestik die Protagonisten nachahmen kann.
Gutes Jahr für Kabarettisten
Auf den satirischen Jahresrückblick »Schluss jetzt!« des Berliners mussten die gut 800 Volksbank-Mitglieder allerdings eine Weile warten. Nach der Begrüßung durch den neuen Aufsichtsratsvorsitzenden Michael Koch präsentierte Vorstandssprecher Dr. Peter Hanker - wie üblich mit einigen Videofilmchen aufgelockert - eine halbe Stunde lang die Geschäftsentwicklung im Vorjahr (gesonderter Bericht in der Samstagausgabe) sowie die Aktivitäten der Genossenschaftsbank für das Gemeinwohl und neue Angebote für die Kundschaft. Für Kabarettisten war 2022 ein ausgesprochen dankbares Jahr. Das belegte Ehrengast Schroeder, indem er ständig kurze Filmschnipsel mit schier unglaublichen Realsatiren und Entgleisungen bekannter Politiker einspielte.
Ihr Fett weg bekamen etwa Boris Johnson (»der einzige Regierungschef, der seine eigenen Corona-Regeln nicht kannte«), Anton Hofreiter, Karl Lauterbach (»man weiß nie, wann er als Experte und wann als Minister spricht«), Markus Söder, Olaf »Schlumpfi« Scholz (»welche Droge muss man nehmen, um seine Hirnwindungen nachvollziehen zu können?«) und wiederholt Friedrich Merz dank dessen verbaler Aussetzer.
Die geringe Einsatzfähigkeit der Bundeswehr, den gescheiterten Tankrabatt, das 49-Euro-Ticket (»bestens, aber nicht mit der Deutschen Bahn«), den Fachkräftemangel (»in jeder Talkshow zu beobachten«) und die geplante Cannabisfreigabe veralberte der 43-Jährige ebenfalls. Auch der Tod der Queen war für Schroeder ein Thema: »Ein klarer Beweis, dass auch Langzeitarbeitslose eine Chance haben: Prinz Charles hat mit 73 Jahren seine erste echte Arbeitsstelle bekommen.« Nicht zu befürchten sei aber, dass er wegen seiner Unerfahrenheit das Land ins Chaos stürzen würde: »Da ist es schon.« Dazu passend die deutsche Glamourhochzeit des Jahres von Christian Lindner und Franka Lehfeldt. Der FDP-Chef würde sich durchaus als deutscher König eignen, folgerte Schroeder.
Allerdings bestehe dann die große Gefahr, dass Wolfgang Kubicki Bundeskanzler werden will. Zu Hochform lief der Spaßmacher auf, als er sich für seine Zugabe aus dem Publikum die Namen von Prominenten zurufen ließ. Egal, ob Becker, Lanz, Habeck, Giffey, Merkel oder Biden: Jede Kurzparodie saß. Nur bei Kaiser Wilhelm II. musste der Berliner passen - was dem Rufer ein Schroeder-Buch bescherte.
Zum Ausklang stellte sich der Gast den Fragen von Vorstandsmitglied Dr. Lars Witteck. Der erinnerte zunächst an dessen legendären Bühnenauftritt, als er im August 2020 bei einer großen Anti-Corona-Demonstration in Stuttgart anfangs den Eindruck erweckte, er teile die Verschwörungstheorien, ehe er zum Entsetzen der Gastgeber eindringlich an die Zuhörer appellierte, die Schutzmaßnahmen gegen Covid-19 einzuhalten.
Den Videoclip von Ex-Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, die ausgerechnet vor Silvesterböllerschüssen im Hintergrund über den Ukraine-Krieg räsoniert hatte, nutzte Wittek zur besorgten Frage, ob angesichts von so viel Realsatire das Kabarett noch eine Zukunft habe. Klare Antwort: «Ja, solche Anfänger sind doch keine Konkurrenz.«
Der Satiriker gab spontan seine Zusage, beim Voba-Event 2024 in der Rittal-Arena in Wetzlar aufzutreten.