09. Juli 2017, 16:00 Uhr

Mühlenmodelle

Miniaturen für Große

Das Große Rad in Schwalheim hat Ulrich Kling zu einem Hobby verholfen: Er baut Mühlenmodelle. In Dauernheim hat er Menschen gefunden, die seine Leidenschaft teilen.
09. Juli 2017, 16:00 Uhr
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Von Inge Mueller
In der Nähe des Großen Rades in Schwalheim aufgewachsen, hat der Buchdrucker Ulrich Kling seine Liebe zum Erfinden und Tüfteln entdeckt. (Fotos: im)

Als die Dauernheimer Mühlenmodellsammlung 2013 endlich ein Zuhause in einer Maschinenhalle fand, hatten Robert Adam, Hans Zaminer und eine Vielzahl von Helfern schon zehn Jahre Forschungs- und Archivierungsarbeit hinter sich. 557 Mühlen und ehemalige Mühlenstandorte an der Nidda und sämtlicher ihrer Nebenflüsse hatten sie besucht und in einem Kataster erfasst.

In dieser Zeit stieß der Schwalheimer Buchdrucker, Obst- und Gartenbauer, Organist und Autor Ulrich Kling zu der Gruppe. Er wurde durch das »Große Schwalheimer Rad« zum Mühlenmodellbau inspiriert. in dessen Nähe er aufwuchs. Das spektakuläre Wasserrad an der Wetter, erbaut 1745 bis 1748 und unter dem Jacob Sigismund Freiherr Waitz von Eschen in Betrieb genommen, trieb ehemals über ein 1,3 Kilometer langes Pleuelgestänge ein Pumpwerk an, das Sole zu den Bad Nauheimer Gradierwerken, der »Langen Wand«, förderte. Die baumüberschattete Pleuelanlage hielt bis zu ihrer Verkürzung einen Weltrekord, während das Rad selbst mit seinen 9,75 Metern Durchmesser bis heute zu den größten Konstruktionen dieser Art in Europa zählt. Die Anlage war für die damalige Zeit eine technische Meisterleistung. Das Wasserrad, dessen 84 Schaufeln aus Eichenholz hergestellt sind, bringt eine Maximalleistung von zwölf PS. 1960 wurde die Schwalheimer Sehenswürdigkeit unter Denkmalschutz gestellt.

Quasi in der Nachbarschaft des Großen Rades aufgewachsen, erlebte Kling als Kind noch die Arbeit seines Großvaters Heinrich Hofmann V. Dieser war »Kunstwärter«, der, in einem eigenen Haus direkt neben dem Rad wohnhaft, dessen reibungslose Funktion zu überwachen hatte. Zehn Jahre ist es jetzt her, dass Kling über 200 Arbeitsstunden in die Konstruktion einer Miniatur des Schwalheimer Wahr- und Wappenzeichens investierte, nach Originalplänen des Staatsbades im Maßstab 1:20. Dem Rad widmete er auch seine weise-ironische Autobiografie »Als das Große Rad noch größer war – ein Schwalheimer Bub erinnert sich«.

Auf Umwegen zum Modellbauer

Damals half ihm sein Enkel Moritz beim Bau. Der heute 19-Jährige hat sich die Liebe zum Erfinden und Tüfteln, zur Mühlentechnik und zum Hobby seines Großvaters bewahrt. Klings Modell des Großen Schwalheimer Rades mit Pleuelstange ist ebenso wie die erst kürzlich von ihm erstellte Senfmühle Bestandteil der Mühlenmodellbauaustellung.

Auch der Weg des gebürtigen Frankfurters Helmuth Müller, gelernter Maler, Tapezierer, Fußbodenleger und späterer technischer Angestellter bei Hartmann und Braun, führte zu den Mühlen und zum Mühlenmodellbau, wenn auch auf Umwegen. »Eigentlich kein Wunder, wenn man Müller heißt und die Mühle quasi schon im Namen trägt«, schmunzelt der handwerklich hochbegabte Pensionär, der heute gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Beate Köth, geborene Molitor, in deren Elternhaus in Ilbenstadt lebt. Köth, deren Mädchenname wiederum nichts anderes als die lateinische Bezeichnung für einen »Müller« ist, entstammt der Müllersfamilie Molitor aus Eisenschmitt bei Bitburg in der Vulkaneifel. Fotos und Gemälde von »Molitors Mühle«, heute ein Wellness-Hotel, zieren die Wände des mit viel Liebe umgebauten und ausgestatteten gemeinsamen Domizils. Wo im 18. Jahrhundert zunächst Eisenindustrie betrieben, später Getreide gemahlen und 1889 von Claus Molitor und Wilhelm Feuser der erste Dynamo der Eifelregion entwickelt und in Betrieb genommen wurde, lässt es sich heute trefflich ausspannen und genießen, berichtet Köth.

Zu den Dauernheimer Mühlenmodellbauern gelangte Müller, als er begann, eine Abdeckung in Form einer Mühle für seinen Garten zu bauen. Die Konstruktion wuchs über die Jahre hin an, wurde immer detailreicher und wird von ihrem Erbauer bis heute in der Winterzeit überarbeitet, gegebenenfalls repariert und verfeinert. Ein reales Vorbild für »Müllers Mühle«, ein Sägewerk mit Gattersäge, Windrose, Fahrwerk und Beleuchtung, menschlichen Figuren sowie Fahrzeugen, gibt es nicht. Doch schon nach kurzer Bauzeit war klar, dass dieses Modell als Abdeckung zu schade war. Ein Zeitungsartikel brachte Müller in Kontakt mit Robert Adam und Roland Schäfer, die das Exponat in Augenschein nahmen und es umgehend reservierten. Der vielseitig interessierte Müller und seine Lebensgefährtin wiederum sind froh, dass »Müllers Mühle« nun eine würdige Heimat gefunden hat.

Die Dauernheimer Mühlenmodellbauausstellung in der Weidgasse 12 ist an jedem ersten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Führungen für Vereine, Firmen, Gruppen, Kindergarten- und Schulklassen auch außerhalb der offiziellen Öffnungszeiten können mit Robert Adam (Te. 0 60 35/1 85 18) oder Siegfried Urban (Tel. 0 60 35/26 90) vereinbart werden.



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