Am Sonntag wurde platt geschwätzt - bei der 17. Auflage des Mundartfrühschoppens im Bürgerhaus Nieder-Florstadt. Unter Regie der Florstädter Mundartarbeitsgruppe begeisterte die Traditionsveranstaltung über 300 Besucher. Die Akteure waren bestens aufgelegt, und das Publikum honorierte ihre Darbietungen mit stürmischem Applaus.
Moderiert wurde der Frühschoppen von Olaf Kromm aus Gelnhaar. Der mehrfach ausgezeichnete Plattschwätzer verstand es auf Anhieb, sein Publikum mit einer Mischung aus Wortwitz und Erzählkunst zu überzeugen. Musikalisch begleitet wurde der Frühschoppen von Klaus Welzbacher am Keyboard.
Mit einem »Gemoije ihr Leud« begrüßte Bürgermeister Herbert Unger das erwartungsfrohe Publikum. Er übermittelte an den erkrankten Mundartakteur Rolf Setulla und die Sprecherin der Mundartarbeitsgruppe, Erika Werner, die besten Genesungswünsche. Dann gab Unger bekannt, dass sich die Gruppe aus Altersgründen auflösen werde, was er sehr bedauere.
Eröffnet wurde der Frühschoppen vom Chor der Mundartgruppe mit dem Lied »Jeder Tag bringt neue Hoffnung«. Den Reigen der Vorträge eröffnete Elli May mit ihrem Vortrag zum Stadener Sauerbrunnen. Heinrich Hofacker sinnierte über den angeblich sturen Hessen, und Holger Reis erinnerte an seine Oma, die an Kirmes »immer so en gaure Quetsche- und Riwwelkuche gebacke houd«. Mit einer Überraschung wartete Inge Jungmann auf: Wissend, dass Holger Reis gerne Kuchen ist, überreichte sie ihm einen selbst gebackenen Riwwelkuche.
Auf dem Fahrrad geblitzt
In einem folgenden Zwiegespräch diskutierten Ursula Steuernagel und Elisabeth Stelz zur Freude der Zuhörer über deren neues Kleid, das nicht unbedingt den Geschmack von Elisabeth traf. Begleitet von Klaus Welsbacher am Keyboard erfreuten im Anschluss Elfriede Rösch und Karin Lohmann die Gäste mit dem Lied »Ich will wieder zurück zu dir, mein Hessenland«.
Nach einer kurzen Pause, in der es »Wurschdebrude« gereicht zur Stärkung gab, erzählten Elfriede Rösch, Karin Lohmann, Elly May, Ursula Steuernagel, Edith Loh und Elisabeth Stelz aus ihrer Kindheit, in der Kinderarbeit selbstverständlich war. Die Mütter arbeiteten bei einem Bauern und der Opa holte mit dem Handwagen das gesunde Wasser vom Sauerborn in Staden. Zudem wohnten mindestens drei Generationen in einem Haus. In der Küche gab es kein fließendes Wasser und zu besonderen Anlässen wurde ein Schwein geschlachtet.
In einem Gastvortrag erzählte Andrea Reinelt, dass sie über 40 Jahre Hochdeutsch gesprochen hat. Bei ihren Großeltern wurde allerdings platt geschwätzt - sie verstand kein Wort und hat das bis zum heutigen Tage nicht gelernt. Als einzige Wortschätze beherrsche sie »Gemoije, de Hund leid innerm Desch« oder »Eisch fourn durch de Fleeschder Wald«.
In einem viel belachten Sketch berichteten Elfriede Rösch und Karin Lohmann, wie sie auf einer Fahrradtour nach Gedern und auf der Rückfahrt in Langgöns geblitzt wurden. Zudem erfreuten sie die Zuhörer mit dem Lied »Das Mädchen aus dem Vogelsberg«. Edith Loh reimte ein Gedicht von ihrem Onkel aus Kefenrod über die Wetterau, Elisabeth Stelz erzählte vom »Reuwerobbe«, Heinrich Hofacker berichtete vom Karl, der gerne Brandwein getrunken hat, und Holger Reis erinnerte an den Opa seines Onkels, der unter seinem Bett einen Nachttopf stehen hatte.
Über 100 Gedichte auswendig
In einem Gastvortrag überraschte Reinhard Kammer aus Borsdorf, der über 100 Gedichte auswendig vortragen kann. Mit dem Lied »Hessenland, du bist mein Heimatland« läutete der Chor der Mundartgruppe das Ende der Veranstaltung ein.
In einem Schlusswort dankte Bürgermeister Herbert Unger allen Mitwirkenden und Helfern für ihr Engagement. Sein besonderer Dank ging an Jörg Pfaffenroth, Ingo Blaschke und seinen Neffen, die für die Beschallung verantwortlich zeichneten, an Hausmeister Siegfried Wolf, Elfriede Rösch, Olaf Krom, Klaus Welsbach und die Kulturbeauftragte der Stadt, Karola Backes-Richter, für ihren ehrenamtlichen Einsatz.