Schon als Kind wusste Kristina Luzius, dass sie später mal etwas mit Autos machen möchte. Während andere Kinder mit Barbie-Puppen gespielt haben, ist sie lieber mit Papa in die Autowerkstatt gegangen. »Ich war noch nie ein typisches Mädchen«, sagt die 19-Jährige mit den langen blonden Haaren. Heute ist Kristina Luzius Fahrzeuglackiererin. Gerade hat sie ihre Ausbildung in der Autolackiererei Eisnecker in Wölfersheim abgeschlossen - als beste ihres Fachs unter zahlreichen Männern.
Nur wenige Frauen arbeiten in dem Beruf. Oft sieht sich Kristina Luzius deshalb mit Vorurteilen konfrontiert. Darauf angesprochen, wirkt die sonst fröhliche junge Frau auf einmal bedrückt. »Viele denken, ich wäre lieber ein Mann oder lesbisch.« Auch zu Hause habe es Streit gegeben. »Für meinen Opa war ich immer die Prinzessin. Da hat das natürlich nicht ins Bild gepasst.« Inzwischen sei er aber sogar froh, wenn sie ihm bei Problemen mit seinem eigenen Auto helfen könne. Denn auch abseits der Arbeit schraubt Kristina Luzius gerne an Autos. Die Frage nach ihrem Lieblingsmodell kann sie deshalb auch prompt beantworten: Ihr roter VW Polo 9n3 GTI in der Cup-Edition.
Fahrzeuglackiererin Kristina Luzius: »Ich brauche immer Action«
»Ein gewisses Interesse an Autos muss man für den Beruf schon mitbringen«, sagt Ausbilder Christian Eisnecker. Dazu kommen handwerkliches Geschick, etwa beim Felgen schleifen oder dem Aus- und Einbau der einzelnen Fahrzeugteile, und Kreativität. Kristina Luzius ist die erste Fahrzeuglackiererin im Betrieb von Christian Eisnecker. Die Entscheidung hat er nicht bereut. »Kristina hat manchmal noch einen anderen Blick auf die Dinge, gerade wenn es auf Details ankommt.«
Kristina Luzius stört es nicht, dass sie alleine unter Männern ist. »Das war ja schon immer so«, sagt sie und zuckt mit den Schultern. Für sie sei wichtig, dass der Beruf Spaß mache. »Ich brauche immer Action und Bewegung. Ich könnte nicht den ganzen Tag im Bürostuhl sitzen, auch wenn ich dann vielleicht mehr verdienen würde.« Nachteile habe sie nicht, sie könne nur nicht so schwer heben wie die Männer.
Fahrzeuglackiererin Kristina Luzius: Ausbildung vor dem Aus
Dass sie die Ausbildung im Betrieb von Christian Eisnecker macht, war eigentlich nicht geplant. Es war vielmehr eine Notlösung. »In meinem alten Betrieb wurde ich im zweiten Lehrjahr gekündigt«, erzählt Kristina Luzius. Es habe Meinungsverschiedenheiten gegeben. Ihre Ausbildung stand kurz vor dem Aus. Sie fühlte sich ungerecht behandelt. »Viele haben mir danach gesagt, dass ich doch lieber etwas anderes machen soll. Sie meinten, der Beruf sei nicht das Richtige für mich, ich sei nicht gut genug.«
Doch Kristina Luzius hat nicht aufgegeben. »Ich wollte das unbedingt zu Ende bringen und nicht einfach abbrechen.« Über einen Klassenkameraden in der Berufsschule lernte sie Christian Eisnecker kennen. Er bot ihr an, die Ausbildung in seinem Betrieb zu beenden. Über den Wechsel ist sie sehr froh. »In meinem alten Betrieb war ich nur eine von vielen. Jetzt werde ich ganz individuell betreut.« Da es ein kleiner Betrieb ist, haben ihr die beiden Meister immer wieder über die Schulter geschaut und konnten sich viel Zeit für die Prüfungsvorbereitung nehmen. Das hat gefruchtet: Kristina Luzius ist als Innungsbeste ausgezeichnet worden.
»In der Realschule war ich immer ein Faulpelz«, sagt sie. »Ich hatte keine Lust auf Lernen.« Das habe sich mit dem Berufseinstieg geändert. »Die Berufsschule war mir sehr wichtig, und ich habe viel gelernt.« Das hat sich ausgezahlt. »Ich bin total stolz darauf, was ich geschafft habe. Damit habe ich allen gezeigt, dass es eben doch das Richtige für mich ist.«
Ausbildungsberufe in Hessen: Büromangement am beliebstesten
Zum 31. Dezember 2018 gab es laut der Handwerkskammer Wiesbaden in der Wetterau 24 Auszubildende zum Fahrzeuglackierer. Davon waren 22 Männer und zwei Frauen. Die beliebteste Ausbildung bei Frauen in Hessen ist laut dem statistischen Bundesamt die zur Kauffrau für Büromanagement (4144 Auszubildende). Auf Platz zwei der am stärksten durch weibliche Auszubildende besetzten Berufe liegt die Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten (2902), gleich dahinter folgt die Ausbildung zur zahnmedizinischen Fachangestellten (2431). Insgesamt steigt die Zahl der Auszubildenden in der Wetterau wieder.