Bestimmte Personengruppen – Ausländer, Alleinerziehende, Familien mit vielen Kindern – haben es auf dem angespannten Wohnungsmarkt besonders schwer. Das kann jeder Makler in der Region bestätigen. Einen kleinen Beitrag zur Lösung dieses Problems verspricht sich die Bad Nauheimer CDU von einem Antrag, der in der jüngsten Stadtverordnetensitzung diskutiert wurde. Die Union schlägt vor, die Übernahme des Viernheimer Modells »Vermiete doch an die Stadt!« zu prüfen.
In der südhessischen Kommune, die von der Größe her mit Bad Nauheim vergleichbar ist, sucht die Verwaltung seit etwa zwei Jahren das Gespräch mit Eigentümern, die ihren Wohnraum aus den unterschiedlichsten Gründen leerstehen lassen. Wie CDU-Fraktionschef Manfred Jordis in seiner Antragsbegründung erklärte, seien in diesem Zeitraum bereits 41 Wohnungen von 32 Eigentümern angemietet und untervermietet worden. 138 Personen, die auf dem freien Markt nicht fündig geworden seien, hätten eine neue Bleibe gefunden. Laut Jordis läuft die Aktion so gut, dass sie möglicherweise auf den gesamten Kreis Bergstraße übertragen werden soll.
Die Stadt übernehme eine Miet- und Ausfallgarantie und sei Ansprechpartner für Fragen wie Miethöhe, Renovierung oder Vertragsdauer. »Es geht ausschließlich um leerstehende Wohnungen, die für den Markt aktiviert werden«, ergänzte Klaus Dietz (CDU). Normalen Vermietern werde somit keine Konkurrenz gemacht. Auch aus wirtschaftlicher Sicht funktioniere das Viernheimer Modell, denn 95 Prozent der Ausgaben der Stadt würden durch Mieteinnahmen refinanziert.
Ist die Sitaution in Viernheim mit Bad Nauheim vergleichbar?
FDP-Mann Peter Heidt ließ kein gutes Haar an dem Vorschlag. »Die Stadt kann sich mit Mietnomaden auseinandersetzen, muss versuchen, Vertragskündigungen gegen Hartz IV-Bezieher zu vollstrecken, oder sich um die Einhaltung der Hausordnung kümmern – viel Spaß«, sagte Heidt. Die Stadt garantiere die Mieteinnahmen des Eigentümers, der alle Vorteile auf seiner Seite habe. Den Antrag bezeichnete er als völlig unausgegoren, zumal die Viernheimer noch recht wenige Erfahrungen gesammelt hätten.
Auch die SPD kann sich mit dem CDU-Vorstoß nicht anfreunden. »Wir lehnen es ab, weil die Stadt die Risiken des Vermieters zu hundert Prozent übernimmt«, sagte Edgar Bandow. Wie sein Fraktionskollege Georg Küster anmerkte, wäre es sinnvoller gewesen, die Union hätte Vorschläge der SPD für mehr Sozialwohnungen unterstützt.
Nach den Worten von Bürgermeister Klaus Kreß, der sich ein Bild von der Lage in Viernheim gemacht hat, ist die Situation beider Städte nicht ganz vergleichbar. »Das Modell wurde im Kontext der Flüchtlingskrise entwickelt. Mehrere Hundert Asylbewerber suchen dort eine Wohnung«, sagte der Rathauschef. Bad Nauheim verfüge über eine eigene Wohnungsbau-Gesellschaft, die bei der Lösung dieses Problems helfen könne. Viernheim hat laut Kreß im Gegensatz zu Bad Nauheim ein eigenes Sozialamt, was die Kooperation bei Mietern erleichtert, die auf Wohngeld oder Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen sind.
Die Stadt als Vermieter
Die südhessische Stadt lasse als Mieter auch kleinere Reparaturen auf eigene Rechnung erledige. Das sein ein Grund für rechtliche Bedenken, die der Hessische Städte- und Gemeindebund bezüglich dieses Modells anmelde. Zudem kann sich Kreß keine fast kostenneutrale Umsetzung des Vorschlags vorstellen. »Würden wir die Wobau damit beauftragen, wären zusätzliche Stellen erforderlich.« Und noch ein Problem hat der Bürgermeister ausgemacht: In Viernheim hätten die Wohnungseigentümer zwar nichts gegen einen Mietvertrag mit der Stadt einzuwenden, akzeptierten aber gleichwohl nicht jeden Untermieter.
Viel Kritik also, während aus den anderen Fraktionen keine Zustimmung zu der CDU-Initiative zu hören war. Trotzdem wurde der Antrag letztlich zur weiteren Beratung in eine gemeinsame Sitzung von Bauausschuss sowie Haupt- und Finanzausschuss überwiesen. Dort könnte ein Vertreter der Viernheimer Stadtverwaltung zu Wort kommen, um die Details des Modells vorzustellen.