29. Oktober 2014, 10:28 Uhr

Im zweiten Leben Modellbauer

Ranstadt–Ober-Mockstadt (mlu). Werken und Zeichnen waren in der Schule seine Fächer, doch bei der Berufswahl folgte Manfred Egloff entgegen seiner Interessen dem Rat der Eltern. Ob er deshalb krank wurde? Fakt ist: Egloff ist dem Tod von der Schippe gesprungen – und folgt seitdem dem Ruf seines Herzens.
29. Oktober 2014, 10:28 Uhr
Auch das Schwalheimer Rad hat Manfred Egloff nachgebaut – beim Gestänge nahm er sich allerdings die Kohdener Anlage zum Vorbild. (Foto: mlu)

Nein, so direkt gesagt hatten es ihm die Ärzte damals nicht, doch Manfred Egloff machte sich keine Illusionen darüber, wie es um ihn stand. Krebs im Endstadium, was soll man da erwarten? Bürokaufmann war er gewesen, zuerst bei einem Autoverkäufer, dann bei der Ärztlichen Verrechnungsstelle in Büdingen. Schließlich hatte er sich mit einem Getränkehandel samt Zeltverleih selbstständig gemacht. Und das sollte es nun gewesen sein? »Selbsthilfegruppen und so was, das ist nicht meine Sache«, sagt der gebürtige Ober-Mockstädter rückblickend. Statt sich über Krankheit und Tod Gedanken zu machen, tat er, was er sein Leben lang versäumt hatte: Er begann zu zeichnen, widmete sich ganz seiner musischen Veranlagung. Spricht man mit dem eben 65 gewordenen Frührentner über seine Hobbys, blüht er richtiggehend auf. Dabei fällt öfter der Satz: »Das begann in den neunziger Jahren, als ich in der Reha war.«

+++ Bilder von Egloffs Mühlenmodellen finden Sie hier

Egloffs wohl ambitioniertestes Projekt ist der Mühlenmodellbau, zu dem ihn der Modellbauer Robert Adam aus Dauernheim inspirierte. Allerdings geht Egloff hierbei eigene Wege: »Die Modelle in Dauernheim haben alle Motörchen und Wasserpumpen, das wollte ich nicht.« Abgesehen von einer Windkraftanlage, die Egloff aus Joghurtbechern rekonstruiert hat, funktionieren die rund 20 Modelle, die er bislang gebaut hat, rein mechanisch. Dazu zählen eine persische Getreidemühle und eine ägyptische Sägemühle ebenso wie eine holländische transportable Fluttermühle, die zur Be- und Entwässerung der Polder gebraucht wurde.

Mühlen gehören zu den ältesten Technologien, leisteten einen wichtigen Beitrag zur Grundversorgung der Bevölkerung. Wo Eisenerz abgebaut wurde, trieben sie Hammerwerke an, auf Plantagen sorgten sie für die Bewässerung der Pflanzen, in Bad Nauheim förderten sie – ebenfalls als Pumpwerke – die Sole. So findet sich auch das Schwalheimer Rad in Egloffs Sammlung, wobei er sich beim Gestänge die Kohdener Anlage zum Vorbild genommen hat – einst führte es nach Bad Salzhausen, in dessen Kurpark es samt Rad mittlerweile besichtigt werden können. Wichtiger als die historisch exakte Nachbildung einzelner Modelle ist Egloff der exemplarische Charakter. Nicht bestimmte Werke haben es ihm angetan, sondern die Mühlentechnologie als solche. Deren Entwicklung von der Archimedischen Schraube bis zu den Windkraftanlagen der Gegenwart will Egloff anhand seiner Modelle aufzeigen. Dass er auch ein leidenschaftlicher Drechsler ist, kommt ihm bei seinem Vorhaben zupass.

»Hättest Du früher machen können«

Aber nach welchen Plänen baut der Kunsthandwerker seine Modelle? Egloff: »Ich tausche mich mit Professor Dr. Eugen Ernst aus. Er ist Mitbegründer des Hessenparks und ein Fachmann auf dem Gebiet. Na, und wenn man sich mit so einem Modell befasst, dann erschließt sich einem auch eine gewisse Logik.«

Kindliche Freude ergreift den Betrachter, wenn Egloff seine Mühlen in Szene setzt, wie zuletzt bei Annerose Schröders Herbst- und Dahlienschau im Schottener Stadtteil Eichelsachsen. Im Fließgewässer, das sich dort durch den Garten schlängelt, kommen die Modelle ganz wunderbar zur Geltung. Und was hat es mit dem »Moulin Rouge« auf sich? Egloff schmunzelt: »Obwohl es sich bei dieser Mühle nur um eine Nachbildung handelt, die dem Pariser Varieté-Theater seinen Namen gab, ist es doch die berühmteste Mühle der Welt, die durfte in meiner Sammlung natürlich nicht fehlen.«

Auf die Frage, warum er nicht Handwerker oder Künstler geworden ist, gibt Egloff eine für seine Generation nicht untypische Antwort: »Ich bin auf einem Gehöft aufgewachsen, und meine Eltern wollten, dass ich etwas Ordentliches lerne. Ich wäre schon gerne in die künstlerische Richtung gegangen und wenn ich heute zurückblicke, dann denke ich: Das hättest Du auch früher machen können.«

Demnächst will der Ruheständler auch Modellbaukurse für Kinder anbieten. Mehr über die Hobbys von Egloff – darunter eigene Volkslieder – sowie Ausstellungs- und Markttermine stehen auf der Internetseite: www.egloff-manfred.de .



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