Stadt, Stadion, Tradition: Was Bad Nauheim und Kaufbeuren eint und unterscheidet
ESV Kaufbeuren gegen EC Bad Nauheim. Vor drei Jahren standen sich die beiden Eishockey-Städte in der Abstiegsrunde gegenüber. Jetzt im Viertelfinale. - Der große WZ-Vergleich.
09. März 2018, 07:00 Uhr
Von Michael Nickolaus
Impulsgeber: Die Verpflichtung von Marcel Brandt hat sich für den EC Bad Nauheim als Glücksgriff erwiesen. (Foto: Chuc)
Die Roten Teufel haben sich nach 2016 zum zweiten Mal für die Playoff-Spiele qualifiziert. Kaufbeuren hatte im Vorjahr überraschend das Halbfinale erreicht. Beide Mannschaften haben in der Hauptrunde jeweils die direkten Duelle auf eigenem Eis für sich entscheiden können. Ein klarer Favorit ist nicht auszumachen.
WZ-Redakteur Michael Nickolaus hat die beiden Standorte vor dem Playoff-Auftakt verglichen.
Tradition
Bad Nauheim: In der Wetterau wird seit 1946 Eishockey gespielt. Ihren größten Erfolg feierten die Roten Teufel in der Saison 1973/74 mit Rang drei in der Bundesliga; damals mit Rainer Philipp, dem 199-fachen Nationalspieler aus Nieder-Mörlen. Nach der Insolvenz 1982 war Bad Nauheim nicht mehr erstklassig. 2004 verschwand die Wetterau von der Zweitliga-Landkarte. Neun Jahre später gelang der Wiederaufstieg.
Kaufbeuren: Eishockey wird dort ebenfalls seit 1946 gespielt. In den 70ern, 80ern und 90ern spielten die Allgäuer nahezu durchgehend in der Bundesliga, später noch in der DEL. Namen wie Dieter Hegen, Dieter Medicus oder Vladimir Martinec prägten diese goldende Zeit. Das alte Stadion platzte regelmäßig aus allen Nähten.
Bad Nauheim: Elvis Presley und die Roten Teufel prägen die 31 000-Einwohner-Stadt in der Wetterau. Presley hatte während seiner Militärzeit in Friedberg über ein Jahr lang in Bad Nauheim gewohnt. Noch heute wird zu Ehren des Musikers, Sängers und Schauspielers jährlich das Elvis-Festival gefeiert.
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Kaufbeuren: Die 41 000-Einwohner-Stadt ist als Eishockey-Stadt und Bundeswehrstandort ein Begriff. Zeitweise galt Kaufbeuren als die Stadt mit der größten innerstädtischen Kneipendichte. Bekannt ist die kreisfreie Stadt zudem für das Tänzelfest. Alljährlich wird dabei an den Einzug von Kaiser Maximilian im 15. Jahrhundert erinnert.
Nachwuchsarbeit
Bad Nauheim: Die Roten Teufel (289 Mitglieder) nehmen mit neun Mannschaften am Spielbetrieb teil. Die älteste Nachwuchsmannschaft hat die Saison in der Nord-Gruppe der DNL 2 auf Platz zwei abgeschlossen.
Kaufbeuren: Rund 250 Kinder sind im Nachwuchsverein organisiert. Mit Ausnahme der ältesten Nachwuchsmannschaft spielen alle Teams in der höchstmöglichen Spielklasse. Der ESV hat auch eine Frauen-Mannschaft gemeldet.
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Stadion
Der EC Bad Nauheim stößt im Colonel-Knight-Stadion an Kapazitätsgrenzen. (Foto: Chuc)
Bad Nauheim: Das Colonel-Knight-Stadion, das 1946 als Hundert-Tage-Stadion erbaut wurde, fasst 4500 Zuschauer (davon 1626 Sitzplätze) und ist an drei Seiten offen. Den Anforderungen an eine DEL2-Spielstätte wird das Stadion im Grunde genommen nicht mehr gerecht. Seit Jahren stellt sich die Frage nach Sanierung oder Neubau an anderer Stelle.
Kaufbeuren: Die Erdgas-Schwaben-Arena ist ein Schmuckkästchen und wurde zu Saisonbeginn eingeweiht. 23 Millionen Euro hat der Bau gekostet, als leicht modifizierte Version nach dem Vorbild des Stadions in Weißwasser. Vorausgegangen war ein Bürgerentscheid. Im Dezember 2012 hatten Stadt und Polizei das alte Stadion für den Spielbetrieb vorübergehend gesperrt. Ein Jahr hatte der ESVK seine Heimspiele in der Fremde austragen müssen.
Kader
Bad Nauheim: Die Saison war von Verletzungspech in einem bislang nicht bekannten Ausmaß geprägt. Insgesamt 32 Spieler sind für die Roten Teufel in diesem Winter aufgelaufen. Die besten Resultate erzielte die Mannschaft, wenn sie mit vier Reihen ein hohes Tempo gehen konnte.
Kaufbeuren: In Kaufbeuren setzt man konsequent auf vier Reihen; auf hohes Tempo, viel Energie und Dynamik über 60 Minuten. Die Kontingentstellen wurden durchweg an Offensivspieler vergeben. Im Kader finden sich mit Daniel Oppolzer und Charlie Sarault zwei Ex-Teufel.
Bad Nauheim: Marcel Brandt. Der Ex-Nationalspieler ist erst Anfang Februar zur Mannschaft gestoßen drückt dem Spiel der Teufel seinen Stempel auf, wie es lange keiner vor ihm getan hatte. Mit ihm wurde eine bis dahin unterirdische Powerplay-Quote signifikant verbessert.
Kaufbeuren: Stefan Vajs. Der Torwart. Seit 2010 hütet der gebürtige Rheinländer das Tor des ESVK. Der Vertrag mit dem 29-Jährigen wurde kürzlich bis 2022 verlängert. In Vorjahr wurde Vajs als DEL2-Spieler des Jahres ausgezeichnet.
Trainer
Bad Nauheims Trainer Petri Kujala. (Foto: Nici Merz)
Bad Nauheim: Petri Kujala ist seit 2014 Trainer in Bad Nauheim und hat die Roten Teufel zum besten Hauptrunden-Resultat seit 2004 geführt. Sein Vertrag hat sich durch die Viertelfinal-Qualifikation verlängert. Kujala war zuvor als Spieler und Trainer lange in Ravensburg tätig. In der Vita des 47-Jährigen stehen unter anderem knapp 200 DEL- und mehr als 400 Zweitliga-Spiele.
Kaufbeuren: Andreas Brockmann steht im zweiten Jahr an der ESVK-Bande. Den Tölzer kennt man aus seiner aktiven Zeit bei der Düsseldorfer EG. Vor seinem Engagement in Kaufbeuren, das der inzwischen verstorbene Ex-ESV-Trainer Toni Krinner initiiert hatte, war Brockmann zweimal in Landshut als Coach tätig. Mit dem 50-Jährigen spielen die Allgäuer so erfolgreich wie schon lange nicht mehr.
Bad Nauheim: Fünf Unternehmen bilden das »Powerplay-Team«, die Spitze der Pyramide der Werbepartner. Dahinter folgen acht Firmen als »Starting-Six«. Auf der Trikotbrust werben das Reifenservicecenter »First Stop« sowie die Stadtwerke Bad Nauheim.
Kaufbeuren: Hauptsponsor ist Phicomm; ein Anbieter von mobilen Online- und Telekommunikationslösungen. Der zum Saisonende auslaufende Vertrag - das steht bereits fest - wird nicht verlängert.
Infrastruktur
Bad Nauheim: Das Stadion ist in die Jahre gekommen. Sichtbehinderungen durch Nebel und beschlagene Scheiben sind über viele Wochen hinweg ein Ärgernis. Die Roten Teufel müssen an vielen Stellen improvisieren und reichlich Eigeninitiative zeigen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Ein klassisches Stadion-Restaurant gibt es nicht. Im VIP-Bereich sind Kapazitätsgrenzen erreicht.
+++ Hier gibt es alle News zum EC Bad Nauheim auf einen Blick +++
Kaufbeuren: Die neue Arena liegt unweit des alten Stadions und des Bahnhofs und bietet reichlich Parkmöglichkeiten. Es fehlt eine klassische Stadion-Gastronomie. Der VIP-Raum bietet 180 Personen Platz. Das alte Stadion ist für den Sportbetrieb nicht mehr zugelassen. Aktuell ist die Feuerwehr, die eine neue Wache erhalten wird, übergangsweise in der ehemaligen Eishalle untergebracht.
GmbH
Bad Nauheim: Andreas Ortwein ist Geschäftsführer der Spielbetriebs GmbH (sieben Gesellschafter). Der 40-Jährige ist - mit einer kurzen Unterbrechung - seit Dezember 2008 der Spitzenfunktionär der Roten Teufel.
Kaufbeuren: Michael Kreitl hat 2015 - zur GmbH-Gründung (vier Gesellschafter) - das Trikot mit dem Sakko getauscht und die Geschäftsführung übernommen. Der 42-Jährige hat rund 150 DEL- und mehr als 600 Zweitliga-Spiele absolviert.