Der 34. Verbandstag des Hessischen Fußball-Verbandes (HFV) wird als ein besonderer in die 75-jährige Geschichte eingehen. Nicht allein wegen der Tatsache, dass der Pandemie geschuldet das alle vier Jahre stattfindende Großereignis mit 15 Monaten Verspätung und dazu erstmals in einem Stadion stattfand, nein es waren auch einige von den 327 Delegierten in der rund siebenstündigen Zusammenkunft im Stadion des Regionalligisten FSV Frankfurt am Bornheimer Hang herbeigeführten Beschlüsse, die für Gesprächsstoff sorgten.
Vorneweg der zunächst als Formsache angesehene Antrag des Präsidiums, wonach der Verbandsausschuss für Spielbetrieb und Fußballentwicklung neu strukturiert und dem Frauen- und Mädchenbereich die eigenständige Organisation ihres Spielbetriebs zugetragen werden sollte. In anderen Fußballverbänden ist die Autonomie des Frauenfußballs schon länger fest in den Strukturen verankert. Im HFV noch nicht - und das wird auch vorerst so bleiben, denn der Antrag verpasste hauchdünn mit vier Stimmen die für diese Satzungsänderung notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Dabei hatte der mit nur vier Gegenstimmen wiedergewählte HFV-Präsident Stefan Reuß sich im Vorfeld für die verbandspolitische Gleichstellung von Männer- und Frauenbereich stark gemacht.
Entsprechend enttäuscht war der Witzenhausener nach dem Abstimmungsergebnis (199 Ja-Stimmen, 105 Nein-Stimmen). »Ich bedauere, dass es nicht gelungen ist, die Zuständigkeit des Frauen- und Mädchenfußball zu stärken und befürchte, dass für die öffentliche Wahrnehmung diese Abstimmung dem Verband einen Bärendienst erwiesen hat«, kommentierte Reuß. Der ebenfalls wiedergewählte Vizepräsident Torsten Becker (fünf Gegenstimmen) ergänzte: »Perspektivisch muss sich der Verband weiter mit diesem Thema beschäftigen, doch zunächst gilt es, dass nicht zu widerrufende Votum der Delegierten zu respektieren.«
Bastian gewinnt gegen Bausch
Brisanz verbarg sich ebenso hinter der Wahl des Verbandsfußballwartes. Amtsinhaber Jürgen Radeck (Ortenberg), der vom DFB-Vizepräsident Rainer Koch für seine Verdienste mit der DFB-Verdienstnadel ausgezeichnet wurde, hatte ihm Vorfeld auf eine weitere Kandidatur verzichtet. Mit seinen (ehemaligen) Stellvertretern Thorsten Bastian (Rockenberg) und Matthias Bausch (Waldbrunn) hatten zwei Bewerber ihren Hut in den Ring geworfen. Die geheime Abstimmung endete mit einem 174:148-Sieg für den 57-jährigen Bastian. Der seitherige Frankfurter Regionalbeauftragte und Friedberger Kreisfußballwart gab diese beiden Ämter im Anschluss ab, um als Chef des Verbandsspielausschusses ins HFV-Präsidium einziehen.
Die übrigen Wahlen verliefen unter den Augen der Ehrengäste, angeführt von Staatsminister Peter Beuth und Landessportbund-Präsident Rolf Müller, alle unspektakulär, da es ansonsten keine Kampfkandidaturen gab. So bleibt Ralf Viktora Schatzmeister, Gerd Schugard Verbandsschiedsrichterobmann und Frank Illing Vorsitzender für Qualifizierung und Vereinsentwicklung. Dr. Silke Sinning steht weiter dem Ausschuss für Frauen- und Mädchenfußball vor, Claus Menke dem für Freizeit- und Breitensport. Vorsitzender des Verbandsgericht bleibt Andreas Dietzel, während Dr. Dietrich Becker den Vorsitz des neu geschaffenen HFV-Sportgerichts einnehmen wird. Als Vorsitzender des Sportgerichts der Verbandsligisten fungiert Rainer Lach. Kontinuität herrscht auch im Aufsichtsrat. Beim Vorsitzenden Bernd Reisig sowie den übrigen Mitgliedern Adolf Hildebrandt, Ulrich Manthei, Egon Vaupel und Lutz Wagner votierten die Delegierten für eine weitere Amtszeit.
Hilgers wird Ehrenmitglied
Unter großem Beifall wurde der langjährige hauptamtliche HFV-Geschäftsführer, Gerhard Hilgers, zum Ehrenmitglied ernannt. Im vergangenen Jahr hatte der Seligenstädter seinen wohlverdienten Ruhestand angetreten. HFV-Präsident Reuß und Ehrenpräsident Rolf Hocke würdigten die Verdienste von Hilgers, der trotz seines längst erfolgten Ausscheidens dem Verband bei der Vorbereitung des außergewöhnlichen Verbandstags tatkräftig unterstützt hatte. Ebenfalls wurde der langjährige Verbandsfunktion Rolf Herbold (Darmstadt) mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet.
Wie bei jedem Verbandstag hatte Vizepräsident Torsten Becker (Hanau) mit der Abarbeitung eines dicken Antragspaketes Schwerstarbeit zu verrichten. Insgesamt 143 Anträge lagen vor. Zu Veränderungen wird es unter anderem bei der Berechnung des Schiedsrichtersolls kommen. Hier soll die Anzahl der gepfiffenen Partien stärker gewichtet werden, als zusätzliche Motivationsspritze soll außerdem die Anhebung der Gebührensätze dienen - ein Beschluss, der einerseits das Schiedsrichterwesen stärkt, andererseits aber auch die in Pandemie-Zeiten nicht überall prall gefüllten Vereinskassen zusätzlich belasten wird.