25. Februar 2019, 20:55 Uhr

Die Trump-Kim-Show

Ein bisschen Frieden – aber auch Abrüstung? Mit Spannung wird der Gipfel von US-Präsident Donald Trump und dem Machthaber von Nordkorea in Hanoi erwartet. Beide wollen einen Erfolg und setzen stark auf Symbolik. Aber wird Kim Jong Un am Ende wirklich seine Atomwaffen aufgeben?
25. Februar 2019, 20:55 Uhr
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Von DPA
Erste gemeinsame Schritte gab es bereits beimn historischen Gipfel zwischen Koreas Machthaber Kim Jong Un (r.) und US-Präsident Donald Trump im vergangenen Jahr. In dieser Woche wollen sie an die Gespräche vom Juni 2018 anknüpfen. (Foto: AFP)

Zwei Brandstifter, die sich jetzt als Feuerwehrleute präsentieren: Erst versetzte Kim Jong Un die Welt mit seinen Atom- und Raketentests in Angst und Schrecken, dann drohte Donald Trump dem »kleinen Raketenmann« mit »Feuer und Wut« die »völlige Vernichtung« an. Bannte der historische erste Gipfel des US-Präsidenten mit Nordkoreas Machthaber im Juni 2018 in Singapur die unmittelbare Kriegsgefahr, soll das zweite Treffen morgen und Donnerstag in Hanoi symbolisch Frieden stiften – auch wenn das Ziel der atomaren Abrüstung auf die lange Bank geschoben wird.

Beide Staatsmänner lieben den großen Auftritt. So wäre denkbar, dass Trump und Kim ein Ende des Koreakrieges (1950–53) erklären. Mehr als sechs Jahrzehnte nach dem Waffenstillstand wäre es eine vertrauensbildende Maßnahme von historischer Dimension, die wenig kostet. Nur ein erster Schritt in Richtung eines Friedensvertrages – denn völkerrechtlich befindet sich die koreanische Halbinsel noch im Kriegszustand. »Präsident Trump ist bereit dazu, diesen Krieg zu beenden«, sagte sein Sondergesandter für Nordkorea, Stephen Biegun.

Beim Abbau des Atom- und Raketenarsenals gibt sich Trump längst mit kleinen Schritten zufrieden. Schon nach dem Treffen mit Kim in Singapur verkündete der US-Präsident vorschnell: »Von Nordkorea geht keine nukleare Bedrohung mehr aus.« Seither äußert er sich zurückhaltender, ist aber optimistisch, dass seine Bemühungen zur atomaren Abrüstung Nordkoreas – und damit zur Lösung einer der gefährlichsten globalen Krisen – auch Früchte tragen werden.

Dämpfer im US-Kongress

Dieser Zuversicht verpasste US-Geheimdienstkoordinator Dan Coats einen Dämpfer, als er sehr zum Missfallen Trumps vor dem US-Kongress sagte: »Wir gehen derzeit davon aus, dass Nordkorea versuchen wird, seine Fähigkeiten im Bereich Massenvernichtungswaffen beizubehalten.« Es sei unwahrscheinlich, dass Kim seine Atomwaffen aufgebe, weil er sie als überlebenswichtig für sein Regime ansehe. Trotzdem gilt: Besser miteinander sprechen, als aufeinander zu schießen.

Heute erzählt Trump gerne von einem Treffen nach seinem Wahlsieg im November 2016, als ihn der scheidende Präsident Barack Obama ins Weiße Haus einlud. »Und ich sagte: ›Was ist das größte Problem?‹ Er sagte: ›Nordkorea, bei Weitem.‹ Und ich will nicht für ihn sprechen, aber ich glaube, er hätte einen Krieg mit Nordkorea angefangen«, sagte Trump über Obama. »Er sagte mir, er sei so nah dran, einen großen Krieg mit Nordkorea anzufangen.«

Angeblich Krieg verhindert

Fraglich ist, ob Trump das Gespräch richtig wiedergibt. Erst recht zweifelhaft klingt seine Schlussfolgerung: »Wenn ich nicht zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden wäre, wären wir meiner Meinung nach in einen großen Krieg mit Nordkorea verwickelt, mit potenziell Millionen getöteten Menschen.« sicherheitsberater, stellt klar: »Wir standen 2016 nicht kurz vor einem Krieg mit Nordkorea.« Auch John Brennan, der damalige CIA-Direktor, ist sich sicher, »dass Präsident Obama nie kurz davor war, irgendeinen Krieg mit Nordkorea anzufangen, ob groß oder klein«.

Mit der geschickten Darstellung kann der US-Präsident seine Nordkorea-Politik aber in jedem Fall als Erfolg präsentieren: Selbst wenn die Verhandlungen nicht vorankommen und er sein Ziel einer »endgültigen, vollständig überprüften Denuklearisierung« Nordkoreas nicht erreicht, hätte er zumindest nach seiner Lesart einen Krieg verhindert.

Eine aufsehenerregende Friedenserklärung in Hanoi würde Showmaster Trump helfen, schlechte Schlagzeilen zu Hause zu verdrängen: Zuletzt das Debakel um den »Shutdown«, den Stillstand von Teilen der Regierung. Dann der Streit um den von Trump an der Grenze zu Mexiko ausgerufenen Notstand, den die meisten Amerikaner ablehnen. Außerdem machen die Demokraten im Kongress Trump das Leben schwer. Vor allem ist da FBI-Sonderermittler Robert Mueller, der untersucht, ob es 2016 Geheimabsprachen von Trumps Wahlkampflager mit Russland gab. Dass Trump derart unter Druck steht, kommt seinem Gegenspieler Kim gelegen. Er sieht die Ausgangslage für den Gipfel wie folgt: Ihr müsst euch bewegen, wir haben erste Schritte unternommen, sind zu neuen Maßnahmen bereit, aber von euch kam bisher so gut wie nichts. Der Stopp der Raketen- und Atomtests gehört für den nordkoreanischen Machthaber zu diesen Vorleistungen ebenso wie die Sprengungen von Tunneln am Atomtestgelände Punggye-ri, durch die das bergige Areal für weitere Versuche angeblich unbrauchbar gemacht wurde.

Das Symbol Yongbyon

Dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae In sagte Kim im September, er sei willens, den großen Nuklearkomplex Yongbyon abzubauen, falls die USA entsprechende Gegenleistungen erbringen würden. Dort stehen unter anderem ein Reaktor und eine Wiederaufbereitungsanlage, die den Bombenstoff Plutonium erzeugen. Eine Demontage hätte große Symbolkraft. Aber selbst wenn der Abriss von Yongbyon beginnen sollte, gewinnt Nordkorea weiter Zeit, ohne sich von seinen Atomwaffen zu trennen. Nach Angaben des früheren hochrangigen nordkoreanischen Diplomaten Thae Yong Ho, der 2016 nach Südkorea geflüchtet war, befinden sich in Yongbyon 390 Anlagen. »Selbst wenn es ein Abkommen gibt – die Inspektionen, die Demontage und dann die Überprüfung der Schließung der Einrichtungen können innerhalb der Amtszeit von Präsident Trump nicht abgeschlossen werden.«



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