Berlin - Knapp ein halbes Jahr vor der Wahl des neuen CDU-Parteivorsitzenden hat der Chef der Schwesterpartei CSU, Markus Söder, die Debatte um die Kanzlerkandidatur in der Union befeuert. Söder machte am Wochenende deutlich, der künftige Unionskandidat müsse sich in der Corona-Krise bewiesen haben. Wer dabei versage, habe »keinen moralischen Führungsanspruch«, sagte der bayerische Ministerpräsident dem Berliner »Tagesspiegel«. »Nur wer Krisen meistert, wer die Pflicht kann, der kann auch bei der Kür glänzen.«
Die drei Bewerber um den Parteivorsitz sind Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der frühere Bundestagsfraktionschef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen. Laschet hat anders als Söder in der Corona-Krise einen Lockerungskurs gefahren und ist angesichts der Infektionsausbrüche in seinem Land teilweise in die Kritik geraten.
»CDU entscheidet«
Nach Umfragen ist Söder der Favorit der Bürger für die Unionskanzlerkandidatur, Laschets Beliebtheitswerte sinken. Auf die Frage zu seinen Ambitionen auf eine Kandidatur, antwortete Söder: »Mein Platz ist in Bayern. Aber ich will als Ministerpräsident und CSU-Parteivorsitzender meinen Beitrag leisten, dass wir in Deutschland erfolgreich sind.« Er fügte hinzu: »Die CDU entscheidet allein, wen sie an ihre Spitze wählt. Aber klar ist: Ohne die CSU kann man nicht Kanzlerkandidat werden.«
Die amtierende Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, derjenige, der im Dezember auf dem Parteitag antrete, der trete auch an, weil er Kanzlerkandidat werden wolle. Es sei dann Sache des neuen Parteichefs, mit der Schwesterpartei CSU zu den Abläufen zur Kanzlerkandidatur zu reden. Kramp-Karrenbauer geht derzeit von einer Kampfkandidatur um ihre Nachfolge beim Parteitag im Dezember aus. Sie sagte zwar: »Es gibt in der Tat in der Partei einen breiten Wunsch, dass es möglichst ohne Kampfkandidaturen abgeht.« Sie habe aber keine Signale der drei Kandidaten, dass irgendjemand auf eine Kandidatur verzichte.
Union weiter stärkste Kraft
Zu den Aussagen Söders nahm Kramp-Karrenbauer nicht direkt Stellung. Die Bundesrepublik habe in ihrer Geschichte Glück gehabt, weil es immer zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Kanzler oder die richtige Kanzlerin gegeben habe für die Dinge, die getan werden mussten. Dazu gehöre auch Krisenmanagement - aber auch die Frage, wie die Weichen nach vorne gestellt werden müssten.
Im »Sonntagstrend« der »Bild am Sonntag« blieb die Union mit unverändert 37 Prozent stärkste Kraft. Dahinter folgen laut der Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar die Grünen mit 19 Prozent, die damit die dritte Woche hintereinander um einen Prozentpunkt zulegen. Dahinter reihen sich jeweils unverändert die SPD (16 Prozent), die AfD (10), die Linke (8) und die FDP (6) ein. dpa